Aktien zu wenig gefragt: Wohnungsfirma sagt Börsengang ab

Die Deutsche Annington verzichtet auf den Gang an die Börse. Der Deutsche Mieterbund freut sich. Aber haben die Mieter jetzt ihre Ruhe?

Plakat zum Wohlfühlen: Eigenwerbung der Annington Bild: dpa

BERLIN taz | Mieter in ganz Deutschland atmen auf: Der Börsengang eines der größten Wohnungsunternehmen hierzulande, die Deutsche Annington, ist in letzter Minute geplatzt. Am späten Dienstagabend sagte die Bochumer Firma das für Mittwoch geplante Vorhaben ab – offenbar hatten sich nicht genügend Investoren gefunden.

Die Deutsche Annington besitzt nach eigenen Angaben rund 180.000 Mietwohnungen in Deutschland im Wert von 10,4 Milliarden Euro. Regional ist die Firma mit 2.400 Beschäftigten vor allem in den alten Bundesländern vertreten, insbesondere in Nordrhein-Westphalen.

Der Börsengang werde „aufgrund anhaltender ungünstiger Marktentwicklungen“ verschoben, begründete die Firma ihren Schritt. „Die Entscheidung hat keine Auswirkungen auf die Strategie der Deutschen Annington“, betonte Firmenchef Rolf Buch. „Wir verfügen über eine starke finanzielle Basis und werden unser operatives Geschäft weiter vorantreiben, einschließlich des von uns geplanten Investitionsprogramms.“

Ziel der Firma ist nach eigener Aussage eine „dauerhafte Bewirtschaftung“ der Wohnungsbestände. „Der schnelle Weiterverkauf von Wohnungspaketen ist dagegen nicht Teil unserer Strategie“, hieß es.

Der Deutsche Mieterbund begrüßte den Entschluss des Wohnungskonzerns. „Wir halten diese Entscheidung für einen verantwortungsvollen Schritt in die richtige Richtung“, sagte Bernhard von Grünberg, Vorsitzender des Deutschen Mieterbundes in Nordrhein-Westphalen. Die Mieterorganisation hatte bereits im Vorfeld des geplanten Börsenganges Bedenken geäußert.

„Wir befürchten, dass zu hohe Gewinnerwartungen letztendlich zulasten der Mieter der Deutschen Annington gehen“, so von Grünberg. In zahlreichen Wohnungen der Firma komme es bereits jetzt aufgrund eines jahrelangen Investitionsstaus zu Vernachlässigungen. Gerade Menschen mit geringen Einkommen wohnten häufig hier. „Viele von ihnen geben schon jetzt fast 50 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten aus.“

Häufige Besitzerwechsel

Aktuell bietet die Firma beispielsweise solche Wohnungen zur Miete an: eine 36 Quadratmeter große Einraumwohnung für 464 Euro pro Monat Gesamtmiete in Berlin-Lichterfelde, eine 46 Quadratmeter große Zweiraumwohnung im Erdgeschoss in Berlin-Reinickendorf für 371 Euro, eine 1,5-Zimmerwohnung mit 35 Quadratmetern in Dortmund-Marten für 320 Euro pro Monat, eine 59 Quadratmeter große Dreizimmerwohnung in Nürnberg-Zollhaus für 566 Euro Gesamtmiete.

Für den Mieterbund sind durch den geplatzten Börsengang längst nicht alle Probleme aus der Welt. Dorn im Auge der Organisation ist das Immobiliensteuerrecht. Zahlreiche Wohnungsunternehmen zahlten aufgrund steuerlicher Umgehungsmöglichkeiten keine Gewerbesteuer. Dies führe dazu, dass Wohnungsbestände immer wieder ihren Eigentümer wechseln.

Von Grünberg forderte eine „Anpassung des Steuerrechts, damit auch die finanzmarktgetriebenen Wohnungsunternehmen in Zukunft bei der Grunderwerbssteuer zur Kasse gebeten werden.“

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