Entschädigung für Bananenarbeiter: Aldi muss zahlen
Plantagenarbeiter kriegen Geld, nachdem sie sich über Ausbeutung durch Supermarkt-Zulieferer beschwert hatten. Dennoch unterstützt Aldi das neue Gesetz.
Während die Rechte von Beschäftigten in deutschen und europäischen Gesetzen abgeschwächt werden, zeigt ein aktueller Fall, wie nützlich sie sind. Erstmals habe das hiesige Lieferkettengesetz dazu geführt, dass geschädigte ausländische Arbeiter:innen Ausgleichszahlungen erhielten, erklärte Tim Zahn von der Entwicklungsorganisation Oxfam.
2023 hatten sich Beschäftigte von Bananen-Plantagen unter anderem in Costa Rica beschwert, die die Supermarktketten Aldi, Lidl, Edeka und Rewe belieferten. Es ging zum Beispiel um zu niedrige Lohnzahlungen, die unter dem örtlichen Mindestlohn von umgerechnet 20 Euro pro Tag lagen. Die Arbeiter:innen beklagten, dass Flugzeuge über ihren Köpfen Pflanzenschutzmittel versprühten. Außerdem habe die Plantagenfirma die Tätigkeit der Gewerkschaft behindert.
Derartiges Verhalten von Unternehmen verbietet das deutsche Lieferkettengesetz. Darum, dass ausländische Lieferanten die Regeln einhalten, müssen sich auch die hiesigen Auftraggeber kümmern, etwa Aldi. Die schwarz-rote-Koalition will das Gesetz nun aber abschwächen, um der Wirtschaft Kosten zu ersparen. Auch die entsprechende Richtlinie der Europäischen Union steht unter Beschuss.
Als Reaktion auf die Beschwerde von Oxfam im Namen der Beschäftigten untersuchte Aldi den Fall. Schließlich einigte man sich, den Geschädigten einen finanziellen Ausgleich zu zahlen. Summen und Details wurden nicht veröffentlicht, weil die örtlichen Firmen den Entschädigungsanspruch nicht offiziell anerkennen wollten. Im Gegensatz zu Aldi waren Edeka und Rewe laut Oxfam zu einer solchen Kooperation nicht bereit, weshalb die Organisation nun offizielle Beschwerden beim Bundesamt für Wirtschaft eingereicht hat, das für die Umsetzung des Gesetzes zuständig ist.
Ein Beleg, dass das Lieferkettengesetz wirkt
Für Oxfam-Mitarbeiter Zahn belegt der Aldi-Fall, „dass das Lieferkettengesetz wirkt. Es stärkt die Rechte von Betroffenen.“ Maximilian Vogt von Aldi Süd sagte: „Wir unterstützen ausdrücklich menschenrechtliche Sorgfaltspflicht-Gesetzgebungen, wie das deutsche Lieferkettengesetz“ und die EU-Richtlinie. „Solche Regelungen tragen konkret zum Schutz der Betroffenen bei.“
Derweil hat das Haus von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) einen Gesetzentwurf an den Bundestag geschickt, um das Lieferkettengesetz an zwei Stellen aufzuweichen – Ergebnis einer Einigung mit der Union. So sollen deutsche Unternehmen keine regelmäßigen Berichte mehr darüber abgeben müssen, wie sie die Arbeitsverhältnisse bei ihren Zulieferern verbessern. Außerdem drohen ihnen Bußgelder nur noch in schweren Fällen.
Wahrscheinlich ist das erst der Anfang der Entkernung. Denn möglicherweise in der kommenden Woche stimmt das EU-Parlament darüber ab, wie die europäische Lieferketten-Richtlinie verändert wird. Gilt sie bisher für alle EU-Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten, soll die Grenze künftig bei 5.000 Leuten liegen.
Abschwächung des Gesetzes könnte Lage verschlechtern
Dann müssten sich nur noch wenige große Firmen um die Menschenrechte bei ihren Zulieferern kümmern. Außerdem bezöge sich die Sorgfaltspflicht lediglich auf die direkten Lieferanten, und nicht mehr auf die Betriebe, die diese mit Vorprodukten versorgen. Schließlich würde eine Regelung abgeschafft, derzufolge europäische Firmen nach europäischem Recht für Schäden haften.
Bundeskanzler Friedrich Merz und andere Politiker der Union haben angekündigt, die schwächeren EU-Regeln ins deutsche Gesetz zu übertragen. Kommen diese Änderungen durch, dürfte in vielen Unternehmen die Motivation nachlassen, sich um Mindestlöhne, Gesundheitsschutz und Gewerkschaftsfreiheit bei den globalen Lieferanten zu kümmern.
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