Alexanderplatz: Tatmotiv unklar geblieben

Prozess um Totschlag endete mit langer Haftstrafe und Einweisung in Erziehungsanstalt.

Der Vorsitzende Richter Norbert Nowak (Mitte) und seine Beisitzer kurz vor der Urteilsverkündung. Bild: DPA

Rund ein halbes Jahr nach einer tödlichen Attacke auf dem Alexanderplatz hat das Landgericht den Täter zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Der Angreifer rammte dem Opfer eine lange Messerklinge in die Herzgegend. Der 30-jährige Bademeister verblutete. Der 19-Jährige sei des Totschlags schuldig, entschied das Gericht am Montag. Opfer und Täter kannten sich nicht.

Es handele sich um eine Tat ohne erkennbaren Anlass, sagte der Vorsitzende Richter Norbert Nowak. Unmittelbar davor habe der Angeklagte eine Begleiterin des 30-Jährigen beleidigt. Der Bademeister habe deeskalieren wollen und den Angeklagten zur Rede gestellt. Der habe bei der Tatbegehung unter Drogeneinfluss gestanden. Die Verantwortung für das Geschehene liege allein bei dem Angeklagten. Der Fall zeige, „welche schweren Folgen es haben kann, wenn junge Männer mit Messern unterwegs sind, unter Drogen stehen und eine niedrige Reizschwelle haben“, erklärte der Vorsitzende. So schnell könne eine eher belanglose Situation einen tödlichen Ausgang nehmen.

Das Gericht sprach von einer „Spontantat mit bedingtem Tötungsvorsatz“. Das Tatmotiv sei unklar geblieben, sagte der Vorsitzende. Der Angeklagte habe sich möglicherweise gedemütigt gefühlt. Weil er nächtelang nicht geschlafen und Drogen konsumiert hatte, habe der 19-Jährige die „tatsächliche Situation nicht richtig reflektiert“. Das Gericht ging von verminderter Schuldfähigkeit aus. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sei notwendig, da bei dem Angeklagten eine behandlungsbedürftige Suchtproblematik vorliege, die ihn für die Allgemeinheit gefährlich mache.

Mit seinem Urteil blieb das Gericht etwas unterhalb des Antrages der Staatsanwaltschaft, die die Verhängung einer Jugendstrafe von neun Jahren gefordert hatte. Die Verteidigung hatte auf eine Jugendstrafe von nicht mehr als sechs Jahren plädiert. Der Angeklagte hatte den Messerstich eingeräumt, die Tat aber relativiert.

Der Anwalt der Familie des Getöteten bezeichnete die Tat als Ergebnis einer langen Fehlentwicklung. Der vorbestrafte 19-Jährige sei jahrelang vom Jugendamt betreut worden. „Wenn deutlich früher klare Zeichen gesetzt worden wären, wäre es nicht so weit gekommen.“

Rund um den Alexanderplatz kommt es immer wieder zu Gewalttaten. 2012 wurde dort Jonny K. niedergeprügelt. Der 20-Jährige starb kurz danach.

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