Alternativen zu Google und Facebook: Privatsphäre oder Bequemlichkeit

Angezapfte Kabel, mitgelesene E-Mails – jetzt ziehen immer mehr Nutzer Konsequenzen. Davon profitieren alternative Anbieter im Netz.

Es muss nicht immer Google sein. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Enthüllung von Überwachungsmaßnahmen des US-Geheimdienstes NSA bescheren Anbietern von alternativen Suchmaschinen und E-Mail-Postfächern starken Zulauf. „Durch Snowden bekamen wie einen regelrechten Boost“, sagt Jörg Bauer, Sprecher des Suchmaschinenanbieters Startpage. Habe man vor den Enthüllungen etwa 2 Millionen Suchanfragen pro Tag verzeichnet, seien es mittlerweile 4,2 Millionen täglich.

Mittlerweile ist bekannt, dass die NSA Inhalte von den Servern großer US-Unternehmen, wie Facebook und Google mitliest und Telefonverbindungsdaten auch in Europa speichert. Der britische Geheimdienst liest sogar E-Mails und Textnachrichten mit.

Wer solche Überwachungsmaßnahmen erschweren will, findet Hilfe bei Anbietern, die auf Datenschutz setzen – und darauf scheinen Nutzer nun mehr Wert zu legen. So leitet etwa Startpage die Suchanfragen über eine verschlüsselte Verbindung. Ein Geheimdienst würde hier nur Datenmüll erhalten. Zudem verzichtet der Anbieter auf Cookies – kleine Dateien, die es Seitenbetreibern ermöglichen, das Verhalten von Nutzern auch über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. Auch die IP-Adresse, die Nutzer identifizierbar macht, speichert Startpage nicht.

Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein hatte die Suchmaschine 2009 mit dem European Privacy Seal ausgezeichnet. Ähnliches bietet die Suchmaschine Duckduckgo, die ebenfalls immer öfter geklickt wird. So meldet der Anbieter für Mai 1,8 Millionen Suchanfragen pro Tag. Ab dem 10. Juni – wenige Tage nach den ersten Enthüllungen – stieg die Zahl dann über die 2-Millionen-Marke auf heute 3 Millionen Suchanfragen täglich.

Nischenmarkt

Auch wenn die Zahl wächst – im Vergleich zu Marktführer Google bewegen sich diese Suchmaschinen auf niedrigem Niveau. Nach Angaben eines Google-Sprechers gehen dort mehr als 100 Milliarden Suchanfragen im Monat ein. Pro Tag wären das mindestens 3 Milliarden Anfragen.

„Wir sind noch ein Nischenmarkt, aber einer, der sich gerade öffnet“, sagt Bauer von Startpage. Weil nur die wenigsten Unternehmen freiwillig auf Daten ihrer Nutzer verzichten würden, müssten diese eben selbst überlegen, welche Dienste sie nutzen. „Die Leute müssen sich darüber klar werden, ob sie Freiheit und Privatsphäre wollen oder Bequemlichkeit.“

Patrik Löhr, Gründer und Geschäftsführer des E-Mail-Dienstes Posteo sieht das anders. „Die Anbieter sind genauso in der Pflicht, die Verbraucher zu schützen.“ Auch Posteo ist einer der Dienste, die gerade nicht über Kundenmangel klagen können. Seit Mitte Juni habe die Zahl der Postfächer um 25 Prozent zugenommen, man sei nun im fünfstelligen Bereich.

Löhrs Kunden legen Wert darauf, dass ihre Daten auf Servern in Deutschland auf verschlüsselten Festplatten liegen und sie über eine verschlüsselte Verbindung auf ihr Postfach zugreifen. Einen Euro monatlich kostet das Konto, wobei die Kunden auch anonym bezahlen können. Adresse, Geburtstag, Telefonnummer – all das, was andere Mail-Anbieter von Neukunden so wissen wollen, fragt das 2009 gegründete Unternehmen nicht ab.

„Was wir hier machen, ist eigentlich nichts Besonderes“, sagt Löhr. Auf die Abfrage persönlicher Daten verzichten, das könnten andere Mail-Anbieter auch. Wenn sie denn wollten. Ebenso wie die Übertragung der Mails von einem Server zum anderen per SMTP verschlüsseln. Dann würden Geheimdienste zumindest beim Anzapfen der Glasfaserkabel nur Datenmüll ernten.

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