Am Tag nach dem Ende der Waffenruhe: Wieder Tote im Gazastreifen

Die IDF fliegen Einsätze in Gaza, die Hamas feuert Raketen auf Israel, jordanische Demonstranten rufen „Tod für Israel“, deutsche Kulturschaffende fordern Hilfe für Gaza.

Ein Junge im Gazastreifen trägt einen Stapel Korane aus einer durch Luftangriffe zerstörten Moschee. Bild: reuters

GAZA/TEL AVIV dpa | Im Schlagabtausch zwischen Israel und militanten Palästinensern im Gazastreifen zeichnet sich kein Ende ab. Einen Tag nach Ablauf einer dreitägigen Waffenruhe wurden am Samstag bei erneuten israelischen Luftschlägen fünf Menschen getötet. Die israelischen Streitkräfte (IDF) griffen Dutzende Ziele in dem palästinensischen Küstenstreifen an. Die radikalislamische Hamas und ihre Verbündeten feuerten weiter Raketen auf Israel ab.

Die israelische Armee attackierte Medienberichten zufolge am Samstagvormittag auch ein fahrendes Motorrad in Gaza. Der Fahrer und sein Mitreisender wurden bei der Attacke getötet. Drei weitere Leichen seien aus den Trümmern einer Moschee geborgen worden, die Israel in der Nacht angegriffen hatte. Die Zahl der seit Freitagmorgen getöteten Palästinenser stieg damit nach palästinensischen Angaben auf zehn.

Bis zum frühen Nachmittag beschoss die israelische Luftwaffe am Samstag mehr als 30 Ziele. Das sagte eine israelische Militärsprecherin. Militante Palästinenser feuerten fast ein Dutzend Raketen auf Israel ab.

Die USA und die Vereinten Nation riefen Israel auf, die Verhandlungen über eine Waffenruhe wieder aufzunehmen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und US-Regierungssprecher Josh Earnest forderten Israel und die militanten Palästinenser auf, den gegenseitigen Beschuss zu stoppen. Israel hatte diplomatische Gespräche in Kairo am Freitag abgebrochen, nachdem militante Gruppen aus Gaza Raketen auf den Süden Israels abgefeuert hatten. Die bis dahin geltende 72-stündige Waffenruhe war ohne Verlängerung ausgelaufen.

Wieder mehr Flüchtlinge in Gaza

Nach dem neuen Aufflammen der Gewalt steigt die Zahl der Flüchtlinge in Gaza wieder. Rund 220.000 Menschen suchten derzeit in Einrichtungen der UN Schutz, schrieb Chris Gunness, Sprecher des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA, auf Twitter. Die Zahl war während der letzten Waffenruhe vorübergehend gesunken, weil viele Menschen in ihre Wohngebiete zurückgekehrt waren.

Gunness forderte auf Twitter am Samstag ein Ende der Blockade des Gazastreifens. „Große Teile Gazas wurden eingeebnet“, schrieb Gunness. „Wir können sie nicht aufbauen, wenn uns die Hände gebunden sind.“ Gleichzeitig müsse man sich eingestehen, dass humanitäre Hilfe nicht genug sei, um Gaza zu versorgen und aufzubauen. Der Gaza-Konflikt brauche eine „politische Lösung“.

Am Freitagabend war es im Westjordanland zu Protesten gegen den israelischen Militäreinsatz in Gaza gekommen. Dabei wurde nahe Ramallah ein 19-jähriger Palästinenser von einem israelischen Soldaten erschossen. Ein zweiter Palästinenser erlag am Samstag seinen Verletzungen. Bei einer Demonstration in Hebron seien am Freitag rund 40 Personen verletzt worden, zehn davon durch scharfe Munition, teilten Krankenhausärzte mit.

In der jordanischen Hauptstadt Amman demonstrierten am Freitagabend rund 15.000 Anhänger der örtlichen Muslimbruderschaft gegen Israel. Bilder eines Fotografen der Bildagentur epa zeigten Demonstranten, die Uniformen der Kassam-Brigaden – der Hamas-Miliz – trugen und Raketenattrappen zur Schau stellten. Sie riefen „Tod für Israel“. Die in Ägypten 1928 gegründete, dort inzwischen verbotene Muslimbruderschaft hat mehrere Ableger in der arabischen Welt, darunter die Hamas in den Palästinensergebieten.

Schorsch Kamerun und Nina Hagen für Israel-Abzug

Mehr als 350 Kulturschaffende in Deutschland haben in einem offenen Brief zum Gaza-Krieg Bundesregierung und Bundestag aufgefordert, sich für den Schutz der palästinensischen Bevölkerung einzusetzen. Vertreter der Koalition, des Bundestag und des europäischen Parlaments sollten ihren Einfluss auf die israelischen Entscheidungsträger geltend machen und diese zu einem Rückzug der israelischen Armee und zur Aufhebung der Blockade des Gazastreifens bewegen, heißt es in dem Schreiben, das am Samstag auf den Demonstrationen zur Solidarität mit Gaza in Berlin und München vorgelesen werden sollte.

Unterzeichnet wurde der bereits am 1. August verfasste Aufruf von Schriftstellern, Filmemachern, Musikern, Regisseuren, Schauspielern und Journalisten. Dazu zählen Luk Perceval, Werner Ruzicka, Ingo Schulze, Vera von Lehndorff, Nina Hagen, Rupert Neudeck, Schorsch Kamerun, Olga Grjasnowa, Stefan Kaegi, Erica Fischer und Kai Schumann.

Israel lehnt neue Verhandlungen über eine Waffenruhe ab, solange der Beschuss aus Gaza andauert. Die Palästinenser begründeten ihre Ablehnung einer Verlängerung der letzten Feuerpause damit, dass ihre Forderungen nicht erfüllt worden seien.

Als Bedingung für eine dauerhafte Waffenruhe nennen sie eine Aufhebung der jahrelangen Blockade des Gazastreifens, vor allem ein Ende der massiven Einschränkungen des Personen- und Warenverkehrs. Weitere Forderungen beinhalten die Ausweitung der Fangzone für Fischer und den Bau eines See- und eines Flughafens in Gaza. Außerdem sollen Häftlinge in Israel freigelassen werden.

Israel fordert als Bedingung für einen Wiederaufbau des zerstörten Gazastreifens eine Entmilitarisierung des schmalen Küstengebiets und eine Entwaffnung der militanten Organisationen. Dies lehnt die Hamas bislang ab.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.