American Pie: Missbrauch oder Alberei in der Dusche

Es geht um sexuellen Missbrauch und Vertuschung: Zwei ehemalige US-College-Football-Trainer stehen im Mittelpunkt. Der mutmaßliche Täter beteuert seine Unschuld.

Harrisburg, Pennsylvania: Jerry Sandusky (l.) wird verhaftet. Bild: reuters

BERLIN taz | Es war die emotionslose Stimme eines alten, erschöpften Mannes, die da am Montag in der NBC-Sendung "Rock Center" zu hören war. Es war die Stimme des ehemaligen Foootball-Assistenztrainers an der Pennsylvania State University, Jerry Sandusky, der sich erstmals nach seiner Verhaftung wegen sexuellen Missbrauchs an acht Jungen öffentlich geäußert hat.

Seit seiner Verhaftung in der vergangenen Woche sollen sich, so berichtet es die New York Times, an die zehn weitere Opfer bei den Behörden gemeldet haben, die den heute 67-Jährigen sexueller Übergriffe beschuldigen. "Ich bin unschuldig", sagte Sandusky in dem Telefoninterview und versuchte zu erklären, wie es zu den seiner Meinung nach falschen Anschuldigungen gekommen ist.

"Ich habe vielleicht ein paar dieser Dinge gemacht", meinte er. "Ich habe mit Kindern herumgealbert, ich habe nach dem Training mit ihnen geduscht, ich habe sie umarmt, ich habe ihre Beine berührt - ohne die Absicht zu haben, sexuell mit ihnen in Kontakt zu treten."

Moderator Bob Costas fragte nach. Ob Sandusky sich von Jungs sexuell angezogen fühlt, wollte er wissen. "Nein", lautete die Antwort, "Ich mag junge Leute, ich mag es, mit ihnen zusammen zu sein." Mehr nicht. Er habe weder Oralsex mit einem Jungen gehabt noch Analsex, wie es Zeugen berichtet haben. Sandusky stellt die Glaubwürdigkeit der Zeugen infrage. Das ist seine Verteidigungsstrategie.

Widersprüchliche Zeugenaussagen

Einer der wichtigsten Belastungszeugen ist der Receiver-Coach der Pennsylvania State University, Mike McQueary. Der hat ausgesagt, im März 2002 gesehen zu haben, wie Sandusky in der Dusche einen zehnjährigen Jungen vergewaltigt hat. Sanduskys Anwälte wollen den Jungen ausfindig gemacht haben und behaupten, dass der längst erwachsene Mann heute sagt, da sei nichts vorgefallen in der Garderobe.

McQueary ist nicht nur wegen dieser Behauptung in die Bredouille geraten. Um nicht wegen unterlassener Hilfeleistung in Verdacht zu geraten, hat er nun in einer E-Mail klargestellt, dass er mehr gemacht hat, als den Fall anzuzeigen. "Ich bin nicht einfach umgedreht und davongelaufen", schreibt er. "Ich habe dafür gesorgt, dass es aufhört." Erst danach habe sich der damals 28-Jährige an seinen Vater gewandt, der ihm den Rat gegeben hat, Football-Cheftrainer Joe Paterno zu informieren.

Der 84-Jährige ist nach wie vor die eigentliche Hauptfigur in dem Skandal, in dem es nicht nur um sexuellen Missbrauch geht, sondern auch um die Vertuschung der angezeigten Fälle an der Uni. Weil Paterno nur der Unileitung von McQuearys Beobachtungen berichtet hat, den Fall aber nicht bei der Polizei angezeigt hatte, war er gefeuert worden - nach 45 Jahren an der Linie.

Vorbildstatus verloren

Der Mann, der allüberall in den Staaten als der Inbegriff der Integrität vorgeführt wurde und regelmäßig vor feinen Herren erklärte, wie man aus jungen Männern gute Menschen macht, wurde am Samstag von den Fans vermisst, als die Footballer der Penn State gegen Nebraska mit 14:17 verloren haben. Sie wollen sich einfach nicht damit abfinden, wie ihr Idol demontiert wird.

Dagegen steht für die Vertreter der "Big Ten", der renommierten College-Liga im Mittleren Westen der USA, fest, dass der legendäre Trainer, der zweimal die College Football National Championship gewonnen hat, nicht mehr zum Vorbild taugt. Sie haben beschlossen, dass die Meisterschaftstrophäe nicht mehr länger "Stagg-Paterno Championship Trophy" heißen soll.

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