Amnesty kritisiert EU-Flüchtlingspolitik: „Armselig“ und „erbärmlich“

Die EU-Staaten nehmen viel zu wenige syrische Flüchtlinge auf, kritisiert Amnesty International. Bislang haben auch nur zehn Staaten Plätze angeboten.

Syrisches Flüchtlingslager im Libanon. Bild: dpa

LONDON afp | Amnesty International hat die EU-Politik gegenüber syrischen Flüchtlingen scharf kritisiert. „Die Europäische Union ist armselig damit gescheitert, ihre Rolle als sicherer Rückzugsort für die Flüchtlinge wahrzunehmen, die alles bis auf ihr Leben verloren haben", erklärte Generalsekretär Salil Shetty am Freitag in London. „Die Zahl derjenigen, die sie aufzunehmen bereit ist, ist wahrlich erbärmlich.“

Die Menschenrechtsorganisation kritisierte in einem Bericht, dass die EU-Staaten bislang im Rahmen einer Vereinbarung mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR lediglich 12.000 syrischen Flüchtlingen bis Ende 2014 einen Platz angeboten hätten. Das seien nur 0,5 Prozent der 2,3 Millionen Syrer, die ins Ausland geflohen seien.

Laut Amnesty haben bislang zehn EU-Staaten zugesagt, syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Deutschland sei „mit Abstand das großzügigste Land“, hier seien allein 10.000 der 12.000 Plätze angeboten worden. Großbritannien, Italien und viele weitere Länder boten laut Amnesty gar keine Plätze an.

Durch diese Politik bestehe die Gefahr, das sich Flüchtlinge auf eigene Faust auf den Weg nach Europa machten, etwa auf dem Seeweg. 55.000 Syrern sei es gelungen, in der EU Asyl zu beantragen.

Shetty rief die EU-Regierungen auf, ihre Grenzen für die Vertriebenen des syrischen Bürgerkriegs zu öffnen und denjenigen, die Zuflucht suchen, sichere Einreisemöglichkeiten zu geben. „Unrechtmäßige Abwehrmaßnahmen“ müssten beendet werden. Amnesty kritisierte das teils gewaltsame Vorgehen von Polizisten gegenüber syrischen Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen, etwa in Bulgarien und Griechenland. An der griechischen Küste würden Flüchtlinge zurückgedrängt. In Bulgarien sammelte Amnesty Berichte, wonach Flüchtlinge in Containern eingesperrt wurden.

Schlagende Grenzpolizisten

Ein 32-jähriger Syrer berichtete der Menschenrechtsorganisation, er sei im Oktober von griechischen Grenzpolizisten nahe der Insel Samos misshandelt worden. „Sie sind auf uns herumgelaufen und haben uns stundenlang mit ihren Waffen geschlagen“, sagte er. Dann seien die Flüchtlinge in ihrem Schlauchboot in türkischen Gewässern ausgesetzt worden. Zuvor hätten die Polizisten den Motor ausgebaut.

Amnesty verwies auch auf die schwierige Lage in den Flüchtlingslagern der Region, wo die Menschen derzeit mit Kälte und Schnee kämpfen. Ihre Lebensbedingungen verschlechterten sich derzeit rasant, warnte die Organisation.

97 Prozent der ins Ausland geflohenen Vertriebenen des syrischen Bürgerkriegs leben in den Nachbarländern Libanon, Jordanien, Türkei und Irak sowie in Ägypten. In dem seit März 2011 andauernden Konflikt wurden bereits mehr als 126.000 Menschen getötet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.