Amokfahrt in Frankreich: Ermittler schließen Terrorakt aus

Die Auto-Attacke von Dijon war laut Staatsanwaltschaft „auf keinen Fall“ eine terroristische Tat. Der Fahrer sei seit Jahren schwer psychisch krank.

Sonntagabend in Dijon. Bild: ap

DIJON afp | Aufatmen und Entsetzen zugleich in Frankreich: Der Angriff eines Autofahrers auf mehrere Fußgänger im ostfranzösischen Dijon war kein „Terrorakt“, sondern die Wahnsinnstat eines schwer psychisch Kranken, wie die Staatsanwaltschaft am Montag bekanntgab. Weil der Täter bei seiner Festnahme „Allah Akbar“ gerufen hatte, war zeitweise ein islamistischer Hintergrund wie bei der Messerattacke auf drei Polizisten am Wochenende in Frankreich befürchtet worden.

Der 40-jährige Mann war am Sonntagabend in der Innenstadt von Dijon gezielt in mehrere Fußgängergruppen gerast und hatte dabei 13 Menschen teils schwer verletzt. Der in Straßburg geborene Sohn einer Algerierin und eines Marokkaners habe nach seiner Festnahme kein religiöses Motiv angegeben, sagte Staatsanwältin Marie-Christine Tarrare am Montagnachmittag in Dijon. Bei ihm zu Hause sei auch keinerlei islamistisches Propagandamaterial gefunden worden: „Es handelt sich auf keinen Fall um eine terroristische Tat.“

Der Staatsanwältin zufolge wollte der 40-Jährige eigentlich Polizisten oder Soldaten als Vertreter des Staates mit seinem Auto überfahren. Da er keine Beamten auf der Straße gesehen habe, sei er „absichtlich“ in die Fußgänger hineingefahren. Der Mann habe dies gestanden. Ihm wird nun versuchter Mord vorgeworfen.

Der Täter war laut Staatsanwaltschaft in den vergangenen Jahren 157 Mal freiwillig in psychiatrischer Behandlung. Der frühere Drogenabhängige soll unter einer „schweren Psychose“ leiden. Der Mann gab demnach bei seiner Befragung an, Auslöser für seine Tat sei eine Weihnachtssendung im Fernsehen gewesen, wodurch er die Ungerechtigkeit gegenüber Kindern in Tschetschenien nicht mehr ertragen habe. Bei seiner Festnahme hatte er noch von palästinensischen Kindern gesprochen.

Staatschef François Hollande warnte seine Landsleute vor „Panik“. Alle Sicherheitskräfte seien im Zustand „äußerster Wachsamkeit“, versicherte er. Auch sein Innenminister Bernard Cazeneuve hob hervor, die islamistische Bedrohung für Frankreich sei zwar „real“. Er betonte jedoch: „Gegen die Angst zu kämpfen, heißt gegen den Terrorismus zu kämpfen.“

IS-Flagge auf Facebook

Ein islamistischer Hintergrund gilt bei der ersten Attacke vom Wochenende als wahrscheinlich. Dabei hatte der 20-jährige Bertrand „Bilal“ N. am Samstag – ebenfalls unter „Allah Akbar“-Rufen – mit einem Messer drei Polizisten in einem Kommissariat im zentralfranzösischen Joué-lès-Tours angegriffen. Der Täter, der von der Polizei erschossen wurde, war zum Islam konvertiert und hatte wenige Tage vor der Tat das Bild einer Fahne der in Syrien und im Irak kämpfenden Extremistenorganisation Islamischer Staat (IS) auf seiner Facebook-Seite eingestellt.

Der in Burundi in einer christlichen Familie geborene Franzose war der Polizei unter anderem wegen Drogenhandels bekannt, nicht aber wegen „terroristischer Aktivitäten“, wie es in Ermittlerkreisen hieß. Der Bruder des Getöteten war hingegen wegen seiner radikalen Ansichten aufgefallen und hatte nach Syrien ausreisen wollen. Er wurde am Montag in Burundi festgenommen.

Die Ermittlungen zu Joué-lès-Tours übernahm die für Terrorismus zuständige Staatsanwaltschaft. Unklar war, ob der Mann aus eigenem Antrieb oder auf Anweisung etwa von IS handelte. Die Extremistenorganisation hatte mehrfach zu Anschlägen insbesondere in Frankreich aufgerufen.

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