Amthor-Mitarbeiter verlässt Verbindung: Bursche steigt aus
Nach einem taz-Bericht zieht Digital-Staatssekretär Philipp Amthor die Notbremse. Sein Büroleiter muss die rechte Burschenschaft verlassen.
Bislang schützte Staatssekretär Philipp Amthor (CDU) seinen Büroleiter, nachdem die taz über dessen Mitgliedschaft in einer extrem rechten Burschenschaft berichtete. Nun aber erklärte Amthor, Sandro M. sei nicht länger „Alter Herr“ der Verbindung Markomannia Aachen in Greifswald. Der langjährige Leiter seines Büros sei „inzwischen ausgetreten“, so Amthor am Dienstag gegenüber der taz.
Am Montag hatte die taz auf die Mitgliedschaft in der Markomannia verwiesen. In der Burschenschaft aus Mecklenburg-Vorpommern ist auch der AfD-Landtagsfraktionsvorsitzende Nikolaus Kramer aktiv, sowie der rechtsextreme Publizist Martin Sellner als Referent geladen gewesen. Die Mitgliedschaft ordnete Amthor zunächst noch als „private Lebensgestaltung“ ein. Die politische Brisanz dürfte zum Nach- und Umdenken geführt haben.
Die Markomannia legt ihre politische Ausrichtung fast gänzlich offen. Sie tritt ein für „Ehre, Freiheit, Vaterland“, beklagt „zeitgeistlichen Bildersturm“ gegen rechts-nationale Dichter, warnt vor Identitätsverlust und interessiert sich für „Remigration“. An Nazi-Jargon erinnernd, berichtet sie auf Social Media an eine „Ostlandfahrt“ ins heutige Polen: „Alljährlich fahren wir in die Ostgebiete, um am malerischen Dadaisee zu weilen, der vertriebenen Deutschen zu gedenken und die gefallenen Soldaten zu ehren, (…) die im Verteidigungskampf gegen die vorrückende Rote Armee fielen.“
Verschiedene Recherchen zu der schlagenden Verbindung von der Autonomen Antifa Freiburg und Team Webmoritz haben die Kontakte schon früh offenbart. Kritische Nachfragen der taz versuchte aber nicht nur Amthor herunterzuspielen, auch M. teilte mit, dass er sich nicht an der taz-Berichterstattung „beteiligen wird“.
Amthor begrüßt Austritt
Den Austritt von S. begrüßt Amthor jetzt ausdrücklich. Der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Greifswald führt gegenüber der taz aus, „dass frühere Privatentscheidungen für die Mitgliedschaft in einer Vereinigung im Zuge von deren späterer Entwicklung durchaus auch zu politischen Fragen werden können“. Amthor versichert mittlerweile, dass es „völlig inakzeptabel“ sei, „wenn Gruppierungen offenkundige Rechtsextremisten wie Martin Sellner salonfähig machen“. Der Austritt wäre auch eine Abgrenzung zur AfD.
Dem Landesvorsitzenden der Linken, Hennis Herbst genügt diese Entscheidung nicht: „Der Fall zeigt erneut, wie eng CDU und AfD in Mecklenburg-Vorpommern bereits verflochten sind. Von Philipp Amthor erwarte ich, dass er sich sofort von seinem Büroleiter trennt und seinen Rücktritt als Staatssekretär erklärt“. Die Grüne Bundestagsabgeordnete Karoline Otte findet auf Facebook nicht minder skandalös, dass der sich etwas „knuffig“ gebende Amthor so einen Mitarbeiter beschäftigt.
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