Anfrage der Linksfraktion: Drohnenhelfer verhören weiter

Geheimdienstler der Hauptstelle für Befragungswesen quetschten jahrelang Asylbewerber aus. Die Behörde macht bald dicht. Ein Ende der Verhöre ist nicht in Sicht.

Hier könnten die von deutschen Agenten gewonnenen Erkenntnisse im US-Drohnenkrieg eingesetzt werden: US-Airbase Ramstein. Bild: dpa

BERLIN dpa | Geheimdienstler können auch nach der Auflösung der umstrittenen Hauptstelle für Befragungswesen Informationen von Asylbewerbern in Deutschland abschöpfen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der Nachrichtenagentur dpa am Freitag vorlag.

Die deutschen Nachrichtendienste könnten Flüchtlinge auch nach der geplanten Abwicklung der Behörde Ende Juni befragen, um relevante Erkenntnisse zu gewinnen, heißt es darin. Auch übermittele das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg den Diensten weiter Informationen aus Asylverfahren.

Der stellvertretende Linksfraktionschef Jan Korte sagte der dpa, die Auflösung der Behörde sei nur ein Ablenkungsmanöver. Das Türschild werde abgehängt, aber die fragwürdige Praxis gehe unverändert weiter.

Die Hauptstelle für Befragungswesen ist dem Bundesnachrichtendienst (BND) zugeordnet. Sie existiert seit 1958. Bis vor einigen Monaten gab es in der Öffentlichkeit jedoch so gut wie keine Erkenntnisse über die Arbeit der Behörde.

Befragungen direkt in den Krisenregionen

Erst im vergangenen November kam durch Medienberichte ans Licht, dass deutsche Geheimdienstler dort Asylbewerber systematisch über Details aus ihren Heimatländern ausfragen und Informationen aus diesen Gesprächen auch an ausländische Partnerdienste – etwa in den USA – weitergeben. Im Raum steht der Vorwurf, dass die Amerikaner solche Informationen auch für den Einsatz von Kampfdrohnen nutzen – und Deutschland sich so mitschuldig an tödlichen Angriffen machen könnte.

Die Bundesregierung erklärte damals, es sei nicht auszuschließen, dass Informationen aus den Befragungen „auch zum militärischen Lagebild“ der Partnerdienste beitragen könnten, stritt eine mögliche Beteiligung am US-Drohnenkrieg aber ab. Die Regierung räumte zugleich ein, dass in der Einrichtung Asylbewerber auch durch Vertreter „der alliierten Partnerdienste ohne deutsche Begleiter“ befragt wurden.

Die Empörung war groß. Die Bundesregierung kündigte schließlich an, die Hauptstelle für Befragungswesen zu schließen. Das Ziel sei stattdessen, die Befragungen direkt in den Krisenregionen zu intensivieren. Die Auflösung der Stelle ist zum 30. Juni geplant.

Auf die Nachfrage der Linksfraktion teilte die Regierung nun aber mit, dass die Schließung der Einrichtung keineswegs das Ende der Befragungspraxis in Deutschland bedeutet. BND, Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst (MAD) können auch künftig Asylbewerber befragen, heißt es in der Antwort.

Tödliche Drohneneinsätze der USA

Außerdem übermittele das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge von sich aus Informationen aus Asylverfahren an den BND und das Bundesamt für Verfassungsschutz. Beide Geheimdienste könnten um solche Informationen der Flüchtlingsbehörde auch bitten. An anderer Stelle erklärte die Regierung auf Anfrage der Linksfraktion, „der allgemeine Erkenntnisaustausch mit ausländischen Nachrichtendiensten“ bleibe von der Schließung der Befragungsstelle unberührt.

Korte warf der Regierung vor, sie habe nur den Eindruck erwecken wollen, als würden die umstrittene Geheimdienstbefragung und die Verwertung von vertraulichen Angaben Schutzsuchender beendet. „Die geheimdienstliche Befragung und Ausspähung von Asylsuchenden in Deutschland und umfassende, auch internationale Verwertung dieser Informationen geht unverändert weiter.“

Der Linke-Politiker forderte, die fragwürdige Praxis sofort zu beenden. Das gelte erst recht, weil die Regierung nicht ausgeschlossen habe, dass die Informationen für tödliche Drohneneinsätze der USA genutzt würden.

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