Angeblicher Kampf gegen Drogenhandel: Petro legt sich mit Trump an
Der Streit zwischen US-Präsident Donald Trump und Kolumbiens Präsident Gustavo Petro eskaliert. Gegenüber Ecuador ist der US-Präsident nachsichtiger.

taz | Trump hat einen kolumbianischen Fischer auf dem Gewissen, Petro ist ein illegaler Drogenanführer – so die gegenseitigen Vorwürfe der Präsidenten Kolumbiens und der USA in den vergangenen Tagen. Hintergrund ist die bereits seit Längerem laufende Militäraktion der USA in der Karibik. Mindestens sechs angebliche Drogenboote wurden durch Luftangriffe seitdem versenkt. Beweise, wer und was sich auf den Booten befand, hat die US-Regierung nicht geliefert. Mindestens 30 Menschen sind ums Leben gekommen.
Kolumbiens Präsident Gustavo Petro hat das Vorgehen der USA schon häufiger kritisiert. Am Samstag warf er US-Präsident Donald Trump nun vor, unter den Toten sei ein kolumbianischer Fischer namens Alejandro Carranza gewesen, der zudem in kolumbianischen Hoheitsgewässern ermordet worden sei. Allerdings hatte sich Petro in seinem Post nicht auf offizielle Quellen bezogen, sondern auf einen Fernsehbeitrag, in dem die Fischerfamilie interviewt wurde.
Trump reagierte am Sonntag auf den Vorwurf, indem er den linken Präsidenten einen „illegalen Drogen-Anführer“ nannte, der nichts unternehme, um die Drogenproduktion zu stoppen. Trump stoppte zudem alle wirtschaftlichen Hilfen für Kolumbien und kündigte Strafzölle an. Sollte Kolumbiens Präsident den Drogenanbau in seinem Land nicht unterbinden, werde „die USA das für ihn tun, und das wird nicht nett sein“.
Petro antwortete am Montag auf X auf Trumps Drogenhändler-Vorwurf: Er sei der Hauptfeind des Drogenhandels in Kolumbien im 21. Jahrhundert. Er schlug Trump statt Strafzöllen das Gegenteil vor: Agrarzölle auf kolumbianische Produkte abzubauen, um die legalen Einnahmequellen im Land zu fördern, und in die Agrarreform zu investieren, den Cannabis-Export legalisieren. Außerdem verwies er auf das Freihandelsabkommen zwischen den beiden Ländern, nach dem Strafzölle illegal seien. Petro ist einer der wenigen Anführer in Lateinamerika, die sich mit US-Präsident Donald Trump regelmäßig anlegen.
Trumps Worte seien die „Androhung einer Invasion“
Innenminister Armando Benedetti warnte beim kolumbianischen Radiosender Blu Radio, Trumps Worte seien die „Androhung einer Invasion oder militärischen Vorgehens gegen Kolumbien“. Im Nachbarland Venezuela hatte Trump jüngst bereits bewaffnete Operationen auf dem Festland angedroht.
Auch andere kolumbianische Politiker:innen mischten sich ein. Petros ehemaliger Außenminister, der im Januar die erste Zollkrise mit abgewendet hatte, als Petro einen Deportationsflug mit Landsleuten wieder in die USA zurückgeschickt hatte, bot sich als Vermittler an; Gleiches taten mehrere Oppositionspolitiker:innen. Auch gab es Appelle, dass sich die Zivilgesellschaft einbringen solle.
Schließlich rief die kolumbianische Regierung am Montag ihren Botschafter aus den USA nach Bogotá zurück, um sich mit ihm zu beraten. Außerdem tagte das Kabinett in Sachen USA zur Frage, wie sich die aktuelle Krise auf diplomatischem Wege lösen ließe.
Hohe Kokain-Nachfrage in USA und Europa
Die USA sind Kolumbiens wichtigster Exportpartner. Laut <i>New York Times</i> sollte Kolumbien außerdem zu Beginn des Jahres mehr als 400 Millionen US-Dollar an Hilfsgeldern erhalten. Aufgrund früherer Kürzungen – gemeint ist USAID – habe es nur noch ein Viertel erhalten. Kolumbien war jahrzehntelang wichtigster Verbündeter der USA in Südamerika im Kampf gegen die Drogen. Milliarden flossen ins Land – die allerdings den Drogenhandel nicht gestoppt haben. Nicht nur Petro sieht einen Grund dafür in der hohen Kokain-Nachfrage in den USA und Europa.
Im September hatten die USA Kolumbien von der Liste der Länder gestrichen, die sich im Anti-Drogen-Kampf engagieren. Im selben Monat entzogen sie Petro sein US-Visum, weil dieser in New York auf einer Pro-Palästina-Demo US-Soldat:innen zur Befehlsverweigerung aufgerufen hatte.
Auch das Nachbarland Ecuador ist eine Größe im Kokainhandel und hat ein massives Sicherheitsproblem. Doch dem rechten Präsidenten Daniel Noboa macht Trump das nicht zum Vorwurf – im Gegenteil. Außenminister Marco Rubio versprach zuletzt Militärhilfen in Höhe von rund 20 Millionen Dollar. Noboa will ausländische Militärbasen im Land wieder erlauben – während Kolumbien auf Souveränität pocht.
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