Angestellte der Stadt Hamburg: Zwölf Euro Mindestlohn

Rot-Grün will zwölf Euro Mindestlohn für alle Mitarbeiter staatlicher Unternehmen einführen. Alle sind begeistert, nur die CDU ist an höheren Löhnen nicht interessiert.

Eine Putzfrau wischt eine Treppe.

Könnte irgendwann in den nächsten Jahren mehr verdienen: Putzfrau am Schauspielhaus Foto: dpa

HAMBURG taz | Es war die erste politische Offensive des Neuen Bürgermeisters. Doch als Peter Tschentscher Ende März verkündete, er wolle für alle direkt bei der Stadt oder in städtischen Unternehmen Beschäftigten einen Mindestlohn von zwölf Euro einführen, holte ihn erneut der Schatten seines Vorgängers ein. Denn Olaf Scholz war schon im Winter durch die Fernsehstudios getingelt, um sich als designierter Finanzminister und SPD-Parteichef beim Wahlvolk bekannt und bei der SPD-Basis beliebter zu machen – mit eben jener Zwölf-Euro-Mindestlohnforderung.

Nun hat die rot-grüne Mehrheit in der Bürgerschaft einen Antrag vorgelegt, der schon am 16. Mai durchs Parlament gehen soll. Bis 2020 soll der Mindestlohn in allen Tarifverträgen für die bei der Stadt direkt Beschäftigten und die Bediensteten städtischer oder teilweise städtischer Unternehmen vereinbart werden.

Der SPD-Abgeordnete und frühere Hamburger Ver.di-Chef Wolfgang Rose lobt den Beschluss als „Signal gegen Niedriglöhne und Altersarmut“. Die arbeitsmarktpolitische Sprecher der Grünen, Antje Möller, will damit „einen Prozess in Gang setzen, um die Mindestlöhne auf ein armutsfestes Niveau zu bringen“.

Profitieren würden davon gut 4.000 Beschäftigte. Die größte Gruppe von ihnen sind über 900 MitarbeiterInnen der Städtischen Gebäudereinigungs GmbH und knapp 1.400 Beschäftigte der Tereg Gebäudedienste GmbH, gefolgt von 700 vor allem weiblichen Hauswirtschaftskräften der 185 Kitas der Elbkinder Kita Service GmbH.

Bis 2020 wird allerdings der Mindestlohn noch nicht flächendeckend umgesetzt sein, seine „schrittweise“ Einführung soll bis dahin nur in den entsprechenden Tarifverträgen vereinbart sein, stellt Rose klar. Der Weg zu der Zwölf-Euro-Entlohnung ist deutlich länger, als der rot-grüne Antrag es suggeriert.

Auch bis 2020 wird der Mindestlohn noch nicht flächendeckend umgesetzt sein

Doch rechtzeitig zum 1. Mai hat die SPD damit eine alte gewerkschaftliche Forderung erfüllt, sodass Genossen und Gewerkschafter am Tag der Arbeit nun wieder problemlos Seit’ an Seit’ marschieren können. „Zwölf Euro Mindestlohn für die öffentlichen Unternehmen einzuführen, ist ein wichtiger Schritt zur Stadt der guten Arbeit“, jubelt etwa Hamburgs DGB-Vorsitzende Katja Karger der rot-grünen Koalition zu. Und auch die Linkspartei ist begeistert, reklamiert aber, dass eigentlich sie es war, die die bundesdeutsche Mindestlohndebatte initiiert hat.

Nur die CDU stänkert und trifft dabei einen wunden Punkt: Die von ihr aufgeworfene Frage, was dieses „SPD-Wahlgeschenk“ denn koste und wer es finanzieren soll, kann niemand beantworten. „Wir haben das nicht ermittelt, denn eine solche Rechnung ist extrem kompliziert“, versteckt sich Wolfgang Rose hinter der fehlenden mathematischen Kompetenz des Senats.

Wäre da nicht der frisch gebackene Ex-Finanzsenator Peter Tschentscher gefragt? Dass etwa die erhöhten Tarife, die die Elbkinder-Kitas zukünftig zahlen müssen, nicht von der Stadt ausfinanziert werden oder der neue Mindestlohn etwa bei der Stadtreinigung zur Gebührenerhöhungen führen könnte, wie die CDU-Arbeitsmarktexpertin Franziska Grunwaldt prophezeit, mag Rose „nicht ausschließen“.

Das Problem der CDU: Sie malt zwar Gebührenerhöhungen und staatlichen Finanzkollaps an die Wand, doch sie nennt keine Alternativen oder macht gar Finanzierungsvorschläge. „Ein Mindestlohn und das geringe Einkommen vieler Beschäftigter interessiert die CDU einfach nicht“, empört sich die Grüne Antje Möller.

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