Angriff auf Dresdener Stadtfest: Neonazis verprügeln Jesiden

Die Polizei meldete zum Stadtfest eine Schlägerei unter Nordafrikanern. Eine Woche später zeigt sich: Es war ein rechtsextremer Überfall auf Flüchtlinge.

Ein Feuerwerk wird zum Dresdner Stadtfest über der Elbe gezündet

Bunte Kulisse für Rassismus: Sechs irakische Männer wurden beim Dresdner Stadtfest verprügelt Foto: dpa

DRESDEN taz | Eine Schlägerei beim Stadtfest Dresden am vergangenen Wochenende entpuppt sich erst jetzt als ein mutmaßlicher Überfall von Hooligans auf irakische Männer. Die Polizeidirektion Dresden hatte tätliche Auseinandersetzungen von etwa 30 Personen in der Nacht zum Sonntag zunächst noch als „typisch für Volksfeste dieser Art“ bezeichnet. Männer aus den nordafrikanischen Ländern seien untereinander in Streit geraten, später wären auch Deutsche beteiligt gewesen.

Die Bild-Zeitung machte nun jedoch die vier zum Teil schwer verletzten Opfer ausfindig, von denen eines noch im Krankenhaus liegt. Einer der Verletzten berichtet, dass eine Gruppe von sechs irakischen Freunden offenbar von Dresdner Hooligans „hinterrücks überfallen“ und geschlagen wurde.

Inzwischen hat sich das für rechte Gewaltdelikte zuständige Operative Abwehrzentrum Sachsen OAZ in Leipzig des Falles angenommen. Nach bisherigen Erkenntnissen wurden die Opfer im Alter von 19 bis 43 Jahren tatsächlich unvermittelt angegriffen. Bei den noch unbekannten Tätern könnte es sich um Hooligans des Fußballclubs Dynamo Dresden handeln. Sie sollen schwarz gekleidet gewesen sein und T-Shirts des Clubs getragen haben.

Dresdner Hooligans haben sich mit zahlreichen Übergriffen in der Vergangenheit bereits einen üblen Ruf erworben. Am Tage hatte ein Fußball-Pokalspiel gegen den Konkurrenten RB Leipzig stattgefunden, das Dresden nach Elfmeterschießen gewann. Das OAZ sucht nun Zeugen, die in der Stadtfestnacht im Stadtzentrum nahe der Augustusbrücke unterwegs waren und zur Aufklärung des Überfalls beitragen können.

Eine Sprecherin des OAZ wies auf auch auf den „äußerst komplexen Sachverhalt“ hin. Als gesichert darf derzeit gelten, dass andere deutsche Stadtfestbesucher versucht haben, den teils am Boden liegenden Irakern zu helfen. Daraufhin seien sie wiederum irrtümlich von Nordafrikanern angegriffen worden. So habe es zu einer Eskalation mit etwa 30 Beteiligten kommen können. Der Polizeidirektion Dresden könne deshalb nicht der Vorwurf gemacht werden, die Gewalt gegen Ausländer zunächst verharmlost zu haben.

Wegen der Terroranschläge in diesem Jahr waren eigentlich auch für das Dresdner Stadtfest besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden. Dazu gehörten Kontrollbezirke, mobile Beobachtungs- und Scheinwerferanlagen und eine verstärkte Präsenz von Polizei und privaten Sicherheitsdiensten. Übergriffe ausländerfeindlicher Art von Deutschen aber konnten sie offensichtlich nicht verhindern, die Täter flüchteten unerkannt.

Nach Erkenntnissen der Bild-Zeitung gehören die angegriffenen Männer der Religionsgruppe der Jesiden an. Sie leben als religiöse und vielfach verfolgte Minderheit auch im Norden Iraks. Von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ wurden Tausende ermordet oder versklavt. Die jetzt in Dresden angegriffenen Männer hatten 2015 vor der Verfolgung fliehen können.

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