Angriffe auf Nigerias Ölindustrie: Die „Rächer des Niger-Deltas“

In den Ölgebieten hat offenbar ein neuer bewaffneter Aufstand begonnen. Eine bislang unbekannte Gruppe bekennt sich zu den Anschlägen.

Gaspipeline nahe Port Harcourt

Nicht schwer anzugreifen: Gaspipeline nahe Port Harcourt Foto: reuters

COTONOU taz | Es war lange still in Nigerias Ölgebieten. Doch nun sorgen die „Niger Delta Avengers“ (NDA) für Unruhe. „Rächer des Niger-Deltas“ nennt sich eine neue Rebellengruppe, die sich bisher zu zwei Anschlägen bekannt hat: Im Februar wollen sie eine Pipeline von Shell angegriffen und damit den großen Ölhafen Forcados lahmgelegt haben – dort werden normalerweise täglich 400.000 Barrel Öl exportiert. Vergangene Woche war der US-Konzern Chevron an der Reihe.

Bei Einsätzen in den vergangenen Tagen sind auch fünf Polizisten und drei Soldaten ums Leben gekommen. Nigerias Ölproduktion ist nach offiziellen Angaben auf das niedrigste Niveau seit 1994 gefallen.

Die NDA, bisher völlig unbekannt, schreibt auf ihrer angeblichen Homepage, sie wolle für eine gerechtere Verteilung der Öleinnahmen kämpfen. Unterzeichnet hat die Einträge ein Madoch Agbinibo.

Nigeria ist der weltweit sechstgrößte Öllieferant, doch Schätzungen zufolge lebt mehr als die Hälfte der rund 180 Millionen Einwohner unterhalb der Armutsgrenze. Es könne nicht sein, dass 80 Prozent der Einnahmen an Menschen aus dem Norden gehen, aber nur 20 Prozent im Süden bleiben, wo das Öl ist, heißt es weiter auf der Homepage der Rebellen. „Das ist ein Verbrechen an den Bewohnern des Deltas.“

Die Dörfer an den Flussarmen gelten als bitterarm

Unter Goodluck Jonathan, Nigerias erster Präsident aus dem Niger-Flussdelta, hatte sich das verbessert. Aber genau deshalb hatte es vor der Präsidentschaftswahl 2015 Befürchtungen gegeben, dass das Niger-Delta brennen könnte, sollte Jonathan die Wahlen verlieren.

Mit Goodluck Jonathan hatte es schließlich endlich ein „son of the soil“ an die Staatsspitze geschafft. Davon spürte man in seiner Heimat, dem Bundesstaat Bayelsa, allerdings nichts. Bewohner an den unzähligen sumpfigen Flussarmen sagten zwar: „Er bemüht sich ja.“ Doch die Dörfer gelten weiterhin als bitterarm und von Öl verseucht.

An das Fischen, früher Haupteinnahmequelle der Bevölkerung, ist vielerortsnicht mehr zu denken. Die Ölfirmen machen dafür die Bewohner verantwortlich, die Pipelines illegal anzapfen. Diese kritisieren die uralten Leitungen, die nicht repariert werden.

Seit Jonathan die Wahlen verlor und Muhammadu Buhari aus Nigerias Norden Präsident wurde, gibt es Mutmaßungen, Rebellen im Ölgebiet könnten wieder zu den Waffen greifen.

Anfang dieses Jahres kündigte Buhari an, das geltende Amnestieprogramm für ehemalige Rebellen im Niger-Flussdelta bis 2017 zu verlängern. Es läuft seit 2009 und bietet Aussteigern eine Ausbildung und Arbeitsmöglichkeiten. Das scheint jetzt nicht mehr auszureichen. Berichten zufolge fordert die NDA die Übertragung der Ölförderrechte an Bewohner der Ölgebiete zu mindestens 60 Prozent.

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