Angriffe steigen wieder an: Asylunterkünfte im Visier

Nach Jahren des Rückgangs steigt die Zahl der Angriffe auf Unterkünfte wieder an. Opferberatungsstellen zeigen sich alarmiert.

Ein Feuerwehrmann vor einem brennenden Haus.

Brannte im Oktober komplett ab: Flüchtlingsunterkunft in Groß Strömkendorf Foto: Jens Büttner/dpa

BERLIN taz | Erst am Sonntag wurden im Thüringer Nordhausen Hakenkreuze an eine Unterkunft für geflüchtete Ukrai­ne­r:in­nen geschmiert und eine Fensterscheibe wurde beschädigt. Tage zuvor schoss ein 34-Jähriger bei Hannover mit einer Luftdruckpistole auf eine Unterkunft ebenfalls für Ukrainer:innen. Es sind keine Einzelfälle mehr.

Die Polizei zählt inzwischen 65 Angriffe auf Unterkünfte in den ersten drei Quartalen diesen Jahres – fast so viele wie im gesamten Vorjahr, als es 70 Taten waren. Nach einer Hochphase von Angriffen 2015 sowie 2016 und einem Rückgang in den Folgejahren findet nun wieder eine Trendwende statt.

Laut Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Linken-Anfrage, die der taz vorliegt, gab es im dritten Quartal 13 Angriffe auf Unterkünfte, darunter Sachbeschädigung, verfassungswidrige Schmierereien, Hausfriedensbrüche oder auch eine Brandstiftung in Leipzig im Juli. Dazu kamen 167 Delikte gegen Geflüchtete außerhalb von Unterkünften.

Faeser verurteilt die Taten „aufs Tiefste“

Zuletzt hatten Brandanschläge in Groß Strömkendorf, Krumbach und Bautzen für Entsetzen gesorgt. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte am Dienstag, sie verurteile die Angriffe „aufs Tiefste“. Man tue alles für den Schutz von Geflüchteten und schaue sich die Fälle „sehr genau“ an.

Für die Linken-Abgeordnete Clara Bünger, die die Anfrage stellte, werden die Taten befeuert von Ressentiments über Geflüchtete, wie sie jüngst CDU-Chef Friedrich Merz äußerte. Es brauche eine solidarische Aufnahmepolitik und massive Investitionen in die Infrastruktur für Schutzsuchende.

Schon zuletzt hatten Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt einen „Paradigmenwechsel“ bei Polizei und Justiz in der Strafverfolgung solcher Taten gefordert. Die Aufklärungsquote von lediglich 15 Prozent bei erfassten Brandanschlägen sei „schockierend niedrig“. Es drohe eine erneute „Eskalation“ der Gewalt wie schon in den Jahren 2015 und 2016.

Die Beratungsstellen forderten daher dezentrale Unterbringungen von Geflüchteten, ein Verbot von rechten Aufmärschen vor Unterkünften, speziell geschulte Polizeieinheiten für die Ermittlungen und ein humanitäres Bleiberechte für Opfer rassistischer Gewalt ohne festen Aufenthaltsstatus.

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