Angst vor Lizenzverlust: Google ändert China-Strategie

Der Netzriese lockert seine Anti-Zensur-Haltung: Da Peking droht, Google die Geschäftslizenz zu entziehen, werden Surfer künftig nicht mehr automatisch ins freie Hongkong umgeleitet.

Image- und Geschäftsinteressen im Konflikt: Niederlassung von Google in Peking. Bild: ap

Der Ansatz war grundsätzlich clever: Nachdem Google im Frühjahr angekündigt hatte, sich nicht mehr der Pekinger Internet-Zensur zu unterwerfen, wurden die Suchanfragen, die zuvor auf der Hauptseite Google.cn landeten, nach Hongkong umgeleitet, wo der Konzern frei agieren kann.

Seither lag es in der Hand der Regierung Chinas, Freiheitsrechte einzuschränken: Google selbst zensierte nicht mehr, stattdessen musste die chinesische Blockadeinfrastruktur, "große Firewall" genannt, den Datenverkehr bei ungeliebten Suchbegriffen auf dem Transitweg wegfiltern. Der Internet-Riese selbst war dagegen aus dem Schneider und ließ sich ausgiebig feiern – von der US-Regierung und der Weltpresse.

Doch das war vor dieser Woche. Wie Google am Abend in seinem offiziellen Weblog mitteilte, soll die automatische Weiterleitung ("Redirect") gen Hongkong nun wieder aufgehoben werden. Der Grund ist so trivial wie zwingend: Am 30. Juni steht die Erneuerung von Googles offizieller "Internet Content Provider"-Lizenz (ICP) an, die jeder ausländische und inländische Netzinhalteanbieter in China benötigt.

Da Google jedoch ein gehöriges Grummeln seitens zuständiger Pekinger Beamter vernahm, die sich am Redirect der Suchmaschine stören, will der Konzern kein Risiko eingehen, die ICP-Zulassung zu gefährden. "Würden wir die nicht erhalten, können wir keine kommerzielle Website in China mehr unterhalten", so Justiziar David Drummond.

Um nicht gänzlich aus der Anti-Zensur-Rolle zu fallen, soll auf der chinesischen Seite "Google.cn" nun ein Link auf die Suchmaschine in Hongkong stehen, "wo die Nutzer dann suchen können". Andere Dienste wie ein Musikservice und ein Übersetzungsangebot, die beide lokal ohne Filter auskommen, seien direkt auf "Google.cn" integriert, so Drummond weiter. "Dieser neue Ansatz ist konsistent mit unserer Selbstverpflichtung, nicht zu zensieren und entspricht, wie wir glauben, auch örtlichen Gesetzen."

Fragt sich nur, ob chinesische Nutzer den neuen Ansatz verstehen. Die dürfte der nun notwendige zusätzliche Klick eventuell wieder zurück zu lokalen (und zensierten) Suchmaschinen wie Sina treiben. Diese hatten in den letzten Monaten bereits weiter Marktanteile gewonnen. Baidu, größter chinesischer Anbieter von Search-Services, geht mittlerweile sogar im Silicon Valley auf Talentjagd, wie Reuters meldet. 30 Ingenieure sollen im Juli unter Vertrag genommen werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.