Anhörungen der EU-Kommission: Macrons Kandidatin fällt durch

Die künftige Kommissionspräsidentin braucht drei neue Kandidaten für verschiedene Posten. So viel Umbau gab es noch nie vor einem Amtsantritt.

Sylvie Goulard sitzt im EU-Parlament und beantwortet Fragen

Das lief schief: Frankreichs Kandidatin Sylvie Goulard in ihrer Anhörung Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Eklat im Europaparlament: Die Abgeordneten haben die französische Kandidatin für die EU-Kommission, Sylvie Goulard, durchfallen lassen. Für Goulard stimmten nach der zweiten und letzten Anhörung nur 29 Parlamentarier, 82 sprachen sich gegen sie aus. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron muss nun einen neuen Kandidaten suchen.

„Ich bitte Sie, meinen Lebenslauf und mein Engagement für Europa zu berücksichtigen“, hatte Goulard an die Abgeordneten appelliert. Auch für sie müsse die Unschuldsvermutung gelten, erklärte die Frau, die dem Europaparlament selbst fast zehn Jahre angehört hatte.

Gegen Goulard sprachen nicht nur die laufenden Ermittlungen der französischen Justiz und der EU-Antibetrugsbehörde Olaf. Dabei geht es um die vermutete Scheinbeschäftigung eines Parlamentsassistenten und eine Nebentätigkeit für die Berggruen-Stiftung. Goulard blieb auch Antworten zu ihrem geplanten Aufgabenbereich schuldig.

Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte ihr ein ungewöhnlich großes Portfolio zugewiesen. Neben dem Binnenmarkt gehört dazu auch die Rüstungsforschung, die Raumfahrt und der audiovisuelle Sektor. Tatsächlich ist noch völlig unklar, was die neue Kommission im Bereich von Rüstung und Verteidigung leisten kann. Von der Leyen will dazu eine neue Generaldirektion aus dem Boden stampfen. Linke und grüne Abgeordnete argwöhnen, dass es vor allem darum gehe, französischen und deutschen Rüstungskonzernen EU-Aufträge zuzuschustern.

Niederlage für Macron

Vor Goulard waren bereits zwei Kandidaten aus Ungarn und Rumänien durchgefallen. Von der Leyen muss nun drei Kommissarsposten neu besetzen. Einen so großen Umbau noch vor dem Start der EU-Behörde hat es noch nie gegeben.

Eine Niederlage muss aber auch Präsident Macron einstecken. Er hatte von der Leyen ins Amt verholfen und danach Goulard nominiert. Noch während der Anhörungen soll Macron massiven Druck auf die Europaabgeordneten ausgeübt haben, um seine Kandidatin durchzubringen. Die härtesten Nachfragen kamen aber von französischen Parlamentariern.

Auch die deutschen Christdemokraten zeigten sich hartnäckig. „Die Ablehnungsfront war breit und überwältigend“, erklärte der CDU-Abgeordnete Christian Ehler. Es gehe nicht an, mit zweierlei Maß zu messen. „Man kann nicht auf der einen Seite in Frankreich für etwas zurücktreten, wofür man dem Europaparlament 45.000 Euro zurückzahlen musste, und auf der anderen Seite EU-Kommissarin werden wollen.“ Ähnlich äußerten sich Parlamentarier der anderen Fraktionen.

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