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Anime-Ausstellung in BerlinFanfiction führt ikonische Schwertkämpfe fort

Die Manga-Ninja-Serie „Naruto“ prägte Anfang der Nuller Millionen Jugendliche weltweit. Eine Ausstellung in Berlin lädt zu ihrer Neuentdeckung ein.

Blick in die Ausstellung, wie sie im japanischen Akihabar zu sehen war Foto: Naruto the Gallery exhibition Akihabara

„You know, Sasuke,“ sagt Naruto Uzumaki zu Sasuke Uchiha in einer Schlüsselszene, „there’s a chance our roles could’ve been reversed.“ Ihre Rollen hätten auch vertauscht sein können. Dieser Satz beschreibt, warum „Naruto“ als Shōnen-Anime bis heute so viele Menschen bewegt: Zwei Kinder mit ähnlichem Schicksal werden zuerst durch Rivalität, dann in Freundschaft und gemeinsam gefühlten Schmerz zu Spiegeln füreinander. Ihre Rollen in der Geschichte hätten auch vertauscht sein können.

Wer in Deutschland mit japanischen Manga und Anime groß geworden ist, kennt „Dragon Ball“ und „One Piece“. In dieser Reihe steht auch „Naruto“: Eine japanische Serie, die Anfang der Nullerjahre weltweit Millionen Jugendliche prägte. Während Son Goku und Ruffy, die Hauptfiguren aus „Dragon Ball“ und „One Piece“, schon unabhängiger wirken, begleitet man Naruto buchstäblich vom Kind zum Erwachsenen auf seiner Heldenreise.

Shōnen nennt sich dieses Genre, das auf junge männliche Zuschauer zugeschnitten ist: Es geht um Freundschaft, Rivalität, Training und immer neue Kämpfe. Naruto ist dafür ein Paradebeispiel, zugleich aber auch ein Produkt seiner Zeit. Weibliche Figuren bleiben häufig blass, Humor entsteht oft durch sexualisierte Szenen.

Nackt im Badehaus

Narutos „Harem-Jutsu“, eine Kampftechnik, bei der er sich in halbnackte Mädchen verwandelt, oder sein Mentor Jiraiya, der nackte Frauen in Badehäusern beobachtet und Erotikromane schreibt, sind Beispiele für Tropen, die heute weniger populär wären. Und doch ist Jiraiya eine prägende Vaterfiguren für Naruto.

Naruto – the Gallery

„Naruto the Gallery“: Rad­setzerei, RAW-Gelände, Berlin-Friedrichshain

bis 24. November 2025

Gerade weil weibliche Figuren selten gleichberechtigt erzählt werden, füllen Fans die Lücken durch Fanfiction, eigenständig geschriebene Geschichten, allen voran das „Shipping“ – die Fantasie, zwei Figuren als Liebespaar zu denken. Im Fall von Naruto und Sasuke ist das „SasuNaru“. Was manche ablehnen, macht für andere den besonderen Reiz aus und zeigt, wie lebendig dieser Kosmos bis heute ist.

All das bildet den Resonanzboden für die Ausstellung „Naruto The Gallery“. Die Radsetzerei auf dem RAW-Gelände präsentiert die Show originalgetreu: Die Wandtexte sind auf Japanisch, ergänzt durch Übersetzungen ins Deutsche und Englische. Ein Audioguide führt durch die Räume, wahlweise mit den bekannten deutschen und englischen Synchronstimmen von Naruto und Sasuke. Während in Japan solche Ausstellungen üblich sind, ist es das erste Mal, dass so ein Format in Europa gezeigt wird.

Großflächige Wandmalereien

Der Rundgang führt durch sieben Themenbereiche. Er beginnt mit großflächigen Wandmalereien, die die wichtigsten Figuren zeigen: links die Held*innen, rechts ihre Gegenspieler. Im nächsten Raum läuft ein Trailer, der Protagonisten und ihre Schlüsselkämpfe inszeniert.

Dann wandert man durch die Highlights der Serie, insbesondere die Prüfungen und Rivalitäten zwischen einzelnen Charakteren. Ein großes Modell von Konohagakure, Narutos Dorf, wurde extra aus Japan eingeflogen. Danach betritt man die zentrale Achse: links Naruto, rechts Sasuke, die sich von einem gemeinsamen Ausgangspunkt trennen.

Im Verlauf verdichtet sich die Inszenierung der Ausstellung. Der „Vierte Ninja-Weltkrieg“, in der Serie der große Endkampf aller Ninja-Dörfer, wird als enge Passage voller Banner, Projektionen und Bildschirme erfahrbar. Es folgt eine Station zu Jiraiya, einer der prägenden Figuren für Narutos Entwicklung. Kurz vor dem Ende erreicht man den emotionalsten Moment der Ausstellung: Naruto begegnet seiner Mutter.

Der Fuchsgeist ist ein Dämon

Diese Szene stammt aus „Naruto Shippuden“, Episode 249 („Thank You“). Kushina, seine Mutter, umarmt ihn: „Danke, dass wir deine Eltern sein durften.“ Naruto antwortet, dass er seinen Eltern nie Vorwürfe gemacht habe. Narutos Vater hatte den Fuchsgeist Kurama, einen zerstörerischen Dämon, in Naruto als Baby eingeschlossen, um das Dorf zu schützen. Für Naruto sei die Liebe, die seine Eltern ihm mitgaben, immer stärker gewesen als sein Schicksal, ein „Gefäß“ zu sein.

Ein besonderes Highlight sind außerdem die Beiträge von fünf Künst­le­r*in­nen aus der japanischen Animationsszene: Nina Ai, Kohei Kadowaki, Kosuke Sugimoto, Kohta Morie und que. Sie haben ikonische Szenen aus der Serie neu interpretiert. Ihre Filme verleihen bekannten Szenen eine neue Bildsprache und bringen damit nicht nur Nostalgie, sondern auch zeitgenössische Perspektiven auf das Erbe von „Naruto“.

Die Ausstellung zeigt auch, warum „Naruto“ mehr ist als nur eine Zeichentrickserie: Sie ist kollektives Gedächtnis, Coming-of-Age-Geschichte und globales Fandom zugleich. Zwischen Tropen der frühen Nullerjahre und den ikonischen Showdowns entfaltet sich ein Kosmos, der heute neue Generationen anzieht und für Ältere eine Zeitreise zurück ist.

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