Anklage gegen Bioputenmäster: Betrug unterm Ökosiegel

Der frühere Branchenführer hat laut Staatsanwalt Biofleisch mit konventioneller Ware gestreckt. Bis ihm das Ökosiegel entzogen wurde, soll ein Millionenschaden entstanden sein.

Putenschicksal: Erst in der Masse gehalten, geschlachtet und dann auch noch falsch etikettiert verscherbelt. Bild: photocase/cris dahm

BERLIN taz | Deutschlands einst größter Bioputenmäster steht seit Montag wegen Betrugs mit dem Ökosiegel vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft habe Berthold Franzsander am ersten Verhandlungstag vorgeworfen, in erheblichem Umfang konventionelles Fleisch als teurere Bioware verkauft zu haben, sagte ein Sprecher des Landgerichts Paderborn. Mit dieser Masche soll sich der Landwirt aus Ostwestfalen in 72 Fällen insgesamt 1,3 Millionen Euro erschlichen haben.

685 Firmen waren der 70 Seiten umfassenden Anklageschrift zufolge Kunden Franzsanders. Von 2004 bis 2008 kaufte er etwa 1.000 Tonnen konventionelle Geflügel- und Lammerzeugnisse zu, wie Nordrhein-Westfalens Landesamt für Verbraucherschutz mitteilte. Anfang 2009 flog der Skandal auf.

Der Beschuldigte räumte laut Anklage bereits ein, Biofleisch mit konventionellem gemischt zu haben. Allerdings sei er davon ausgegangen, dass das legal sei, weil zur mutmaßlichen Tatzeit nicht genügend Ökoware vorhanden gewesen sei. Das Landgericht hat weitere Verhandlungstage bis 4. Oktober in dem Prozess angesetzt.

Auch vor dem Verwaltungsgericht Minden läuft ein Verfahren wegen der gleichen Geschichte. Dort hat Franzsander gegen den Direktor der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen geklagt, weil er 100.000 Euro an Agrarsubventionen nicht zurückzahlen will, die er von 2002 bis 2008 für die Biohaltung seiner Tiere erhalten hatte. Die Behörde fordert das Geld zurück und begründete das einer Gerichtssprecherin zufolge damit, dass das Verbraucherschutzamt Franzsander das Biosiegel entzogen habe und er dagegen nicht geklagt habe.

Das Amt warf Franzsander vor, seine Ökotiere mit konventionellem Futter gefüttert zu haben. Laut Verteidigung gab er das Futter aber nur den konventionell gehaltenen. Die Entscheidung in diesem Prozess wird bis Ende des Monats erwartet.

Der Skandal um Franzsander hatte eine Diskussion über Mängel im Biokontrollsystem ausgelöst. Die Aufsichtsbehörden ordneten deshalb Ende 2009 an, dass die Öko-Inspekteure große Geflügelfarmen jetzt mindestens vier- statt wie bisher einmal pro Jahr überprüfen müssen.

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