Anschläge auf Elektrizitätsmasten: Stromboykott auf der Krim

Nach der Sprengung von Masten ist die Stromlieferung unterbrochen. Außerdem beginnt eine Debatte um einen wirtschaftlichen Boykott.

Beschädigter Strommast

Nach den Anschlägen auf die Strommasten gibt es nur eine Notversorgung. Foto: ap

KIEW taz | Eine halbe Nacht war die Halbinsel Krim, die sich Russland Anfang 2014 einverleibt hatte, fast komplett ohne Strom. Zwei Millionen Einwohner der Krim saßen in der Nacht von Samstag auf Sonntag über sechs Stunden im Dunkeln. Grund des Blackouts war der Ausfall aller vier Stromleitungen im benachbarten, von Kiew kontrollierten Gebiet Cherson, die die Krim mit Strom versorgen.

Unbekannte hatten bei zwei Anschlägen am Freitag und Samstag die gesamte Stromzufuhr vom ukrainischen Festland auf die Halbinsel zum Stillstand gebracht. Erst am Samstagmorgen konnten die Behörden der Krim die Versorgung mit Strom wieder aufnehmen. Allerdings mit großen Einschränkungen. So erhalten die Bewohner der Millionenstadt Sewastopol seit Samstag nur acht Stunden am Tag Strom.

Auch die mit Elektroenergie betriebenen Oberleitungsbusse in Sewastopol bleiben vorerst in den Fuhrparks. Einen Monat, so glauben die russischen Behörden, könne man mit eigener Stromproduktion und mobilen Kraftwerken die Hälfte des Verbrauches decken. Technisch dürfte es der Ukraine nicht schwer fallen, die Leitungen kurzfristig wieder betriebsfähig zu machen.

Doch ein Bündnis von Krimtataren und Angehörigen des Rechten Sektors, die seit dem 20. September die administrative Grenze zwischen der Ukraine und der Krim blockieren, versucht dies zu verhindern. Ausgerechnet am 2. Jahrestag des Maidan, am Samstagabend, kam es an der administrativen Grenze zur Krim zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen ukrainischen Sicherheitskräften und Demonstranten. Hundert mit Kalaschnikow-Gewehren bewaffnete Polizisten stürmten ein Lager von Demonstranten des Rechten Sektors und Krimtataren. Diese hatten sich vor die durch die Explosion beschädigten Strommasten gestellt, um deren Reparatur und die Wiederaufnahme der Stromlieferungen zu verhindern.

Harter Einsatz der Polizei

Es sei an der Zeit, so die Argumentation der Blockierer, die Stromversorgung der Krim so lange auszusetzen, wie die Halbinsel von Russland besetzt bleibe. Mit der Blockade der Strommasten wollten sie verhindern, dass wieder Strom auf die Krim geliefert werde. 70 Prozent des auf der Krim genutzten Stroms kommt vom ukrainischen Festland. Die Polizei rechtfertigt ihren harten Einsatz mit der Gefahr, die von den beschädigten Strommasten ausgehe. Man habe die 350 Tausend Volt führende Anlage nicht reparieren wollen, sie aber erden müssen, um bei Regen und Wind Schaden von den Demonstranten abzuwehren.

Bei den Auseinandersetzungen wurden mehrere Demonstranten und zwei Polizisten verletzt. Sofort nach Bekanntwerden der Proteste marschierten mehrere hundert Menschen, die sich in Kiew anlässlich des zweiten Jahrestages auf dem Maidan versammelt hatten, zum Verwaltungssitz von Präsident Poroschenko. Dort erklärten sie ihre Solidarität mit den Blockierern der Strommasten und forderten eine vollständige Wirtschaftsblockade der Krim. Noch während der Proteste wies Präsident Poroschenko am Samstagabend sein Kabinett an, Maßnahmen in die Wege zu leiten, die eine vollständige Wirtschaftsblockade der Krim ermöglichen werden.

Unterdessen wurde bekannt, dass Russland seine Kohleexporte in die Ukraine einstellen werde. Russland ist neben Südafrika mit einem Drittel der importierten Kohle ein Hauptlieferant von Kohle. Der russische Lieferstopp könnte sieben von 14 ukrainischen Kohlekraftwerken in Produktionsschwierigkeiten bringen, erklärte der Sprecher der Krimtataren, Mustafa Dschemilew.

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