Anschlag auf Stromkabel in Berlin: Wenn der Vulkan ausbricht

Eine linke „Vulkangruppe“ übernimmt die Verantwortung für die Sabotage und den achtstündigen Stromausfall. Das Muster ist bekannt.

Polizeiblaulicht vor der Brücke

Polizeiblaulicht vor der Mörschbrücke Foto: Paul Zinken

BERLIN taz | Es dauerte fast siebeneinhalb Stunden, bis auch die letzten der betroffenen 6.500 Haushalte und etwa 400 Gewerbekunden im Charlottenburger Norden am Montagabend um 20.12 Uhr wieder am Netz waren. Ein Anschlag auf Stromkabel an der Mörschbrücke hatte ab der Mittagszeit für einen Blackout im ganzen Viertel gesorgt. In dem Gebiet rund um den Mierendorffplatz, vollständig von Spree, Westhafenkanal und Charlottenburger Kanal umschlossen, ging nichts mehr.

„Wir unterbrechen mit unserem Sabotageakt den ganz normalen Gang vielfältiger Arbeitsabläufe in der Hauptstadt – das war gesetztes Ziel“, so steht es in einem Bekennerschreiben, das im Netz veröffentlicht wurde und von einer „Vulkangruppe NetzHerrschaft zerreißen“ unterzeichnet ist.

Abgesehen hatten es die Saboteure demnach auf Kabel, die vom „Militär und seinen Dienstleistern, der Flugbereitschaft der Bundesregierung, der Bundespolizei, der Bundesregierung“ oder auch „dem Flughafen Tegel“ genutzt werden. Auf taz-Anfrage sagte der Sprecher der Stromnetz Berlin GmbH jedoch, es seien „keine militärischen oder sicherheitstechnisch sensiblen Unternehmen betroffenen“ gewesen. Auch der Flughafen Tegel meldete Normalbetrieb.

Dennoch spricht die Berliner Polizei von einem „gravierenden Eingriff“. Auch beim Strombetreiber kann man sich nicht an einen derartigen Angriff erinnern. Dass nach siebeneinhalb Stunden die Stromversorgung wieder hergestellt war, sei ein „glimpflicher Verlauf“.

Polizei sieht „deut-

liche Anhaltspunkte für eine linkspoli-

tische Straftat“

Durch das Feuer wurden zwei Kabelstränge unter der Brücke zerstört, insgesamt acht 10.000-Volt-Kabel. Sie gehören zu den nur zwei Prozent der Kabel, die in Berlin oberirdisch verlaufen. Die Täter haben sich also mit der Materie befasst. Und sie müssen sich sicher gefühlt haben. Dass sie am helllichten Tag zuschlugen, bezeichnete ein Sprecher der Berliner Polizei als eine „Besonderheit“.

Wiederkehrende Muster

Weniger eigen ist das Bekennerschreiben. Seit 2010 kommt es in Berlin immer wieder zu Anschlägen auf Infrastruktur, etwa Bahnanlagen, zuletzt vor dem Hamburger G20-Gipfel im Juni – schon häufiger wählten die vermeintlichen Täter in ihrer Selbstbezeichnung Vulkan-Allegorien. Auch der Duktus, die verächtliche Kritik an der Moderne und den Metropolen, an Überwachung und Steuerung – ganz wie in der autonomen Kampfschrift „Der Kommende Aufstand“ – wiederholt sich.

Ein aktueller Zusatz ist der Verweis auf den Krieg im kurdischen Afrin, der von der türkischen Armee auch mit deutschen Waffen geführt wird.

Aufgrund der „deutlichen Anhaltspunkte für eine linkspolitische Straftat“ hat unterdessen der polizeiliche Staatsschutz die Ermittlungen übernommen. Während die Bekenner betonten, eine Gefährdung von Menschen „ausgeschlossen“ zu haben, warf ihnen der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) vor, Leben zu gefährden. Linke Kritiker, etwa auf Indymedia, verweisen eher darauf, dass die Aktion vor allem die arme Bevölkerung im Kiez getroffen habe.

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