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Anti-Drogen-Krieg in LateinamerikaTrump auf den Spuren von Bushs Krieg gegen Terror

Das US-Militär greift angebliche Drogen-Boote vor Venezuela an. Auch Landeinsätze schließt Trump nicht aus. Völkerrechtler bezweifeln die Rechtmäßigkeit.

Wie bei Bush, trifft Trumps neuer Anti-Drogen-Krieg Unschuldige und Arme, wie den getöteten Chad Joseph Foto: Andrea de Silva/Reuters

ap | Mit Angriffen auf Schiffe vor Venezuela ist den USA nach eigener Einschätzung ein großer Schlag gegen den Drogenhandel gelungen. Washington sieht sich in einem „bewaffneten Konflikt“ gegen die Banden und rechtfertigt damit die Militäreinsätze. Doch Völkerrechtler zweifeln.

„Man kann nicht einfach etwas als Krieg bezeichnen, um sich Kriegsbefugnisse zu verschaffen“, betont Claire Finkelstein, Professorin für nationales Sicherheitsrecht an der University of Pennsylvania. Die Möglichkeiten und Erfolge der Strafverfolgung im Kampf gegen den Drogenhandel seien vielleicht ernüchternd, doch es sei eine „Verhöhnung des Völkerrechts“, einen solchen bewaffneten Konflikt mit Kartellen vorzugeben.

Parallelen zum Krieg gegen den Terror

Um die Angriffe gegen lateinamerikanische Banden und Drogenkartelle zu rechtfertigen, stützt sich die Regierung von Donald Trump auf dieselbe Rechtsgrundlage, auf die sich sein Vorgänger George W. Bush nach dem 11. September 2001 berief. Das umfasst die Befugnisse, Kämpfer zu fassen und festzuhalten sowie tödliche Gewalt anzuwenden, um Anführer auszuschalten.

Nach den Anschlägen auf New York und Washington schien klar, dass das Terrornetzwerk al-Qaida aktiv weitere tödliche Angriffe plante. Bei den kriminellen Gruppen, gegen die sich die Angriffe jetzt richten, handelt es sich jedoch um Feinde ganz anderer Art: Sie formierten sich in den Gefängnissen Venezuelas und werden nicht von einer antiwestlichen Ideologie angetrieben.

Drogengeld statt Extremismus

Die Drogenkartelle zielen auf den Verkauf ihrer Ware und auf Gewinn. Das sei zwar insgesamt schädlich für die Sicherheit der USA, aber eine zweifelhafte Rechtfertigung für Kriegsbefugnisse, sagt der Rechtsexperte Geoffrey Corn von der Texas Tech University. Die Regierung in Washington wolle offenbar aus mehreren Gründen Kriegsbefugnisse geltend machen, lautet seine Einschätzung – darunter auch politische.

Bislang wurden bei Angriffen auf Boote, die laut Weißem Haus Drogen transportierten, mindestens 28 Menschen getötet. Die Angriffe erfolgten ohne rechtliche Prüfung oder eine Kriegserklärung seitens des Kongresses.

Angriffe in Venezuela nicht ausgeschlossen

Auf die Frage, warum die USA nicht die Küstenwache einsetzen, um die venezolanischen Schiffe zu stoppen und Drogen zu beschlagnahmen, antwortete Trump Mitte der Woche: „Das machen wir seit 30 Jahren, und es hat nichts gebracht.“ Er deutete dabei auch an, dass die USA Ziele innerhalb Venezuelas angreifen könnten. Bislang erfolgten die Angriffe in internationalen Gewässern vor der Küste.

„Wir haben den Drogenfluss auf See fast vollständig gestoppt“, erklärte der US-Präsident. „Jetzt werden wir ihn auch auf dem Landweg stoppen.“

Maduro als „einer der größten Drogenhändler“

Während Trumps erster Amtszeit wurde der venezolanische Präsident Nicolás Maduro wegen Verstößen gegen US-Drogengesetze angeklagt, darunter Drogenterrorismus und Verschwörung zum Import von Kokain. Kürzlich verdoppelte das Washingtoner Justizministerium die Belohnung für Hinweise, die zur Festnahme Maduros führen, auf 50 Millionen Dollar. Der venezolanische Präsident wird als „einer der größten Drogenhändler der Welt“ bezeichnet.

Das Weiße Haus macht die Kartelle für jährlich zehntausende Drogentote in den USA verantwortlich. Die Konzentration auf Venezuela lässt jedoch aus dem Blick, dass ein Großteil der Todesfälle aufgrund von Überdosen in den Vereinigten Staaten auf Fentanyl zurückzuführen ist. Das kommt auf dem Landweg aus Mexiko. Und obwohl Venezuela eine wichtige Drogenumschlagstelle ist, werden rund drei Viertel des aus dem Hauptproduktionsland Kolumbien stammenden Kokains über den östlichen Pazifik geschmuggelt – und nicht über die Karibik.

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9 Kommentare

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  • Dass Schurkenstaaten und Mafias das tun, ja, kennen wir.

    Dass die USA (ja, und Israel auch) schon mal gerne einfach draufhielt und bewusst bis demonstrativ ohne Urteil tötete und tötet, das sollte in der freien westlichen Welt eigentlich mehr Empörung auslösen. Das ist Unrecht, das ist kontraproduktiv, das ist Mafiamethode vom Staat.

  • "Die Konzentration auf Venezuela lässt jedoch aus dem Blick, dass ein Großteil der Todesfälle aufgrund von Überdosen in den Vereinigten Staaten auf Fentanyl zurückzuführen ist."



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    Ein Scheingefecht und und ein gigantisches Ablenkungsmanöver.



    Die Wurzeln für Drogensucht, speziell die aktuelle Krise, liegen nicht in den Bäuchen der Schiffe.



    "Um die Krise zu verstehen, müssen wir erst auf ein anderes Schmerzmittel, das zum Suchtmittel wurde, zurückblicken: Oxycontin.



    Opioid-Krise oder auch Opioid-Epidemie nennt man in den USA den starken Anstieg an Drogentoten in Zusammenhang mit Opioid-Schmerzmitteln. Hauptauslöser der Krise war das Schmerzmittel Oxycontin aus der Gruppe der Opioide, das 1996 auf den amerikanischen Markt kam – und als harmloses Wundermittel gefeiert wurde.



    Der Arzneimittelhersteller Purdue Pharma sprach damals von einem Durchbruch sondergleichen: Schon eine Dosis lindere Schmerzen für 12 Stunden – mehr als doppelt so lange wie vergleichbare Produkte, die bislang auf dem Markt waren. So müssten die Patienten nicht mehr mitten in der Nacht aufstehen, um ihre Medikamente einzunehmen."



    Quelle watson.ch



    Diese Taktik d. "Verschiebung von Schuld" war dieselbe bei G.W. Bush.

  • Krieg gegen den Terror war eine Erfindung von George W. Bush, um nicht auf Interpol vertrauen zu müssen, die Schuldigen für 9/11 zu fassen. Der ganze Krieg hat dann in Vergessenheit geraten lassen, dass Terroristen Verbrecher sind, die vor Gerichte gestellt gehören.

    Der Krieg gegen Drogen entstand hingegen in Kolumbien, das viel zu lange Jahre von so einem Krieg gezeichnet war und den magaistischen US-Bürgern eine Warnung sein sollte, worauf sich der von ihnen vergötterte Präsident nun einlässt. Man erinnere sich an G.W. Bushs Anti-Al-Kaida-Terror-Krieg: Der hat dem angeblich islamischen aber auf jeden Fall grausamen Terror von Al-Kaida & Co. in Irak ein neues Betätigungsfeld geschaffen und dort überdies die Gründung des IS bewirkt. Aus dem einen Terrorschreckgespenst wurden zwei! Complete failure, Mr. Bush, YOUR war "against" terrorism.

    Mag die Rechtsgrundlage von Trumps Ansinnen, mit Krieg gegen Drogen zu gewinnen, dieselbe sein, auf der Bush seinen ganz persönlichen Krieg gegen Saddam begann, so ist die Idee des Anti-Drogen-Krieges in Ländern wie Kolumbien beheimatet.

    Läuft es nun wieder auf ein complete US-Pres-failure hinaus? Dann würde sich das Drogenbiz in USA verdoppeln

  • Harte Drogen endlich auch hart bekämpfen



    Wer harte, extrem abhängig machende, tödliche Drogen produziert und in Umlauf bringt, schert sich einen feuchten Sch...ß um die Gesundheit der Abhängigen und deren Menschenrechte. Diese nicht mit dem Wattebausch zu bekämpfen, sondern knallhart wie einen Kriegsgegner halte ich für richtig. Landeinsätze, ohne Zustimmung deren Regierung geht aber zu weit.

    • @Hans Dampf:

      a) es ist leider eine Krankheit, vergessen wir nicht, an der Nachfrageseite etwas zu tun



      b) Ausdrucksweise à la "Wattebausch", "knallhart", "hart" mag jemandem emotional über etwaige logischen Lücken hinweghelfen, aber ist es so? Obacht bei der Sprache.



      c) Einfach Leute töten, statt sie festzunehmen, umzudrehen, nach ihren Chefs auszufragen, ist nicht nur inhuman, sondern dumm. So wird kein Drogendealer mehr sich ergeben und kooperieren, sondern sofort feuern (das Geld dafür ist ja da, wegen siehe a) der Nachfrage in den USA et al.).

      • @Janix:

        Für mich ist die aktuelle Bekämpfung harter Drogen "Wattebausch", wenn ich sehe, wie viele tausende Menschen alleine an Crack und anderen harten Drogen elend sterben. Sind deren Leben weniger wert als die der Drogenschmuggler. Nein, wenn ein Drogenschnellboot auf Anforderung nicht anhält, sehe ich ein gewaltsames Stoppen für rechtmäßig an, die US-Gesetzgebung übrigens auch.



        Wo es fast keine Drogen mehr gibt, gibt es auch weniger neue Drogenopfer, siehe Neuseeland.

    • @Hans Dampf:

      Was ist jetzt mit der Pharmaindustrie, darf Trump nach Zustimmung durch sich selbst dann wegen z.b. Fentanyl wie einen Kriegsgegner mit Landeinsätzen bekämpfen?

  • "Völkerrechtler bezweifeln die Rechtmäßigkeit."

    Dazu muss man keine Völkerrechtlerin sein. Hauptschulabschluss ist auch noch nicht einmal notwendig.

    Es handelt sich um Staatsterrorismus.

    Gegen die Verantwortlichen muss umgehend internationaler Haftbefehl erlassen werden. Die Verhaftung der Verantwortlichen sofort umgesetzt werden.



    Im Zuge davon könnte Guantanamo endlich wieder unter die Souveränität des souveränen Staates Kuba gebracht werden.



    Während die Gefängnisinfrastruktur Guantanamo für diese Täter genutzt werden kann.



    Möglicherweise würde Kuba ja der Bitte nachkommen, dem internationalen Völkerrecht diesen Dienst zu erweisen.



    Wofür Kuba selbstverständlich aus dem Haushalt des Staates USA zu entschädigen ist.



    Sollen die doch das Vermögen der Täter einziehen.

    Kann ja alles nicht so schwer sein. In der wehrhaften Ordnung des regelbasierten Wertsystems des internationalen Rechts.

  • Haha, " Völkerrechtler bezweifeln die Rechtmäßigkeit. "



    Ich versteh überhaupt nicht, wie man Trump noch als "normalen" Politiker behandeln, oder überhaupt über sein Tun nach zu denken.



    Alles was Trump und seine Regierungsclique tut, ist unrechtmäßig, ist verlogen bis zum Unerträglichen.