Anti-Drogen-Krieg in Lateinamerika: Trump auf den Spuren von Bushs Krieg gegen Terror
Das US-Militär greift angebliche Drogen-Boote vor Venezuela an. Auch Landeinsätze schließt Trump nicht aus. Völkerrechtler bezweifeln die Rechtmäßigkeit.

ap | Mit Angriffen auf Schiffe vor Venezuela ist den USA nach eigener Einschätzung ein großer Schlag gegen den Drogenhandel gelungen. Washington sieht sich in einem „bewaffneten Konflikt“ gegen die Banden und rechtfertigt damit die Militäreinsätze. Doch Völkerrechtler zweifeln.
„Man kann nicht einfach etwas als Krieg bezeichnen, um sich Kriegsbefugnisse zu verschaffen“, betont Claire Finkelstein, Professorin für nationales Sicherheitsrecht an der University of Pennsylvania. Die Möglichkeiten und Erfolge der Strafverfolgung im Kampf gegen den Drogenhandel seien vielleicht ernüchternd, doch es sei eine „Verhöhnung des Völkerrechts“, einen solchen bewaffneten Konflikt mit Kartellen vorzugeben.
Parallelen zum Krieg gegen den Terror
Um die Angriffe gegen lateinamerikanische Banden und Drogenkartelle zu rechtfertigen, stützt sich die Regierung von Donald Trump auf dieselbe Rechtsgrundlage, auf die sich sein Vorgänger George W. Bush nach dem 11. September 2001 berief. Das umfasst die Befugnisse, Kämpfer zu fassen und festzuhalten sowie tödliche Gewalt anzuwenden, um Anführer auszuschalten.
Nach den Anschlägen auf New York und Washington schien klar, dass das Terrornetzwerk al-Qaida aktiv weitere tödliche Angriffe plante. Bei den kriminellen Gruppen, gegen die sich die Angriffe jetzt richten, handelt es sich jedoch um Feinde ganz anderer Art: Sie formierten sich in den Gefängnissen Venezuelas und werden nicht von einer antiwestlichen Ideologie angetrieben.
Drogengeld statt Extremismus
Die Drogenkartelle zielen auf den Verkauf ihrer Ware und auf Gewinn. Das sei zwar insgesamt schädlich für die Sicherheit der USA, aber eine zweifelhafte Rechtfertigung für Kriegsbefugnisse, sagt der Rechtsexperte Geoffrey Corn von der Texas Tech University. Die Regierung in Washington wolle offenbar aus mehreren Gründen Kriegsbefugnisse geltend machen, lautet seine Einschätzung – darunter auch politische.
Bislang wurden bei Angriffen auf Boote, die laut Weißem Haus Drogen transportierten, mindestens 28 Menschen getötet. Die Angriffe erfolgten ohne rechtliche Prüfung oder eine Kriegserklärung seitens des Kongresses.
Angriffe in Venezuela nicht ausgeschlossen
Auf die Frage, warum die USA nicht die Küstenwache einsetzen, um die venezolanischen Schiffe zu stoppen und Drogen zu beschlagnahmen, antwortete Trump Mitte der Woche: „Das machen wir seit 30 Jahren, und es hat nichts gebracht.“ Er deutete dabei auch an, dass die USA Ziele innerhalb Venezuelas angreifen könnten. Bislang erfolgten die Angriffe in internationalen Gewässern vor der Küste.
„Wir haben den Drogenfluss auf See fast vollständig gestoppt“, erklärte der US-Präsident. „Jetzt werden wir ihn auch auf dem Landweg stoppen.“
Maduro als „einer der größten Drogenhändler“
Während Trumps erster Amtszeit wurde der venezolanische Präsident Nicolás Maduro wegen Verstößen gegen US-Drogengesetze angeklagt, darunter Drogenterrorismus und Verschwörung zum Import von Kokain. Kürzlich verdoppelte das Washingtoner Justizministerium die Belohnung für Hinweise, die zur Festnahme Maduros führen, auf 50 Millionen Dollar. Der venezolanische Präsident wird als „einer der größten Drogenhändler der Welt“ bezeichnet.
Das Weiße Haus macht die Kartelle für jährlich zehntausende Drogentote in den USA verantwortlich. Die Konzentration auf Venezuela lässt jedoch aus dem Blick, dass ein Großteil der Todesfälle aufgrund von Überdosen in den Vereinigten Staaten auf Fentanyl zurückzuführen ist. Das kommt auf dem Landweg aus Mexiko. Und obwohl Venezuela eine wichtige Drogenumschlagstelle ist, werden rund drei Viertel des aus dem Hauptproduktionsland Kolumbien stammenden Kokains über den östlichen Pazifik geschmuggelt – und nicht über die Karibik.
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