Anti-Flüchtlings-Mission der Identitären: Wegen Schlepperei festgenommen

Rechte charterten ein Schiff, um im Mittelmeer Flüchtlinge zu stoppen. Doch ein Teil der Crew lief davon und beantragte Asyl auf Zypern.

Ein Schiff mit blauem Rumpf

Ein Schlepper? Die „C Star“ unter ihrem früheren Namen in Kiel. Nun liegt sie in Famagusta Foto: dpa

BERLIN taz | „Status: Vor Anker“ meldet das Schiffsortungsportal „Vesselfinder“ am Mittwoch. Die C Star, ein von der rechten Identitären Bewegung gechartertes Schiff, liegt da bereits seit 28 Stunden im Hafen von Famagusta, im türkisch kontrollierten Teil Zyperns. Eigentlich hätte es längst auf Anti-Flüchtlings-Mission vor Libyen unterwegs sein sollen.

Doch statt, wie geplant, die Arbeit der Seenotretter im Mittelmeer zu behindern, wird es wohl noch eine Weile in Zypern vor Anker bleiben: Wie die Polizei von Famagusta der taz am Mittwoch bestätigte, wurden der Kapitän der C Star und sein Stellvertreter in Gewahrsam genommen. Der Vorwurf lautet offenbar Schlepperei. Die C Star soll als Crew Tamilen an Bord gehabt haben, die keine Einreiseerlaubnis in zypriotische Gewässer hatten. „Kannste dir nicht ausdenken“, kommentieren User auf Twitter.

Die türkische Organisation Ankara Degille Lefkosa berichtete am Mittwoch auf ihrer Webseite, der Kapitän der C Star habe gegenüber den Behörden falsche Angaben gemacht. 20 indische Crewmitglieder – andere Quellen sprechen von sri lankischen Staatsangehörigen, Tamilen leben in beiden Ländern – hätten am Mittwoch das Schiff in Famagosta verlassen.

Sie hätten die NGO Refugee Rights Association informiert, dass sie Geld bezahlt hatten, um mit dem Schiff nach Italien gebracht zu werden. Nach Angaben von Ankara Degille Lefkosa wurde ein Teil von ihnen von der Polizei zum nordzyprischen Ercan-Flughafen begleitet und flog auf Kosten des Reeders zurück. Fünf der Tamilen sollen in Zypern Asyl beantragt haben.

Rettung von Schiffbrüchigen stören

Das „Defend Europe“-Projekt der Identitären hatte sich zum Ziel gesetzt, das gute Dutzend ziviler NGOS zu stören, die vor Libyen Schiffbrüchige retten. Im Spendenaufruf verspricht Defend Europe „alles“ zu tun, damit die Flüchtlinge „an die afrikanische Küste zurückgebracht“ werden. Die C Star verließ ihren Heimathafen Dschibouti am 8. Juli. Ab dem 13. Juli ankerte es rund eine Woche vor Adabiya, am südlichen Ende des Suez-Kanals.

Die britische NGO Hope not Hate berichtete, ein Beamter der Hafenbehörde habe angegeben, die C Star sei von den Sicherheitsbehörden wegen „fehlender Papiere“ festgesetzt worden. „Fake News“ schrieb Defend Europe dazu. Eine andere Erklärung, warum das Schiff rund eine Woche vor Suez dümpelte, gab die Initiative nicht.

Am vergangenen Samstag setzte das Schiff seinen Weg fort. Dienstagnachmittag erreichte es Famagusta. Schon bald berichteten griechisch- zyprische Medien, an Bord der „C-Star“ seien „mehrere Migranten“. Im Laufe des Mittwochs verdichteten sich die Hinweise, dass es für die Crew keine Einreiserlaubnis in zypriotische Gewässer gab.

Mit Horrorzahlen hatten die Identitären in den letzten Tagen die Propagandatrommel für ihre Aktion geschlagen: „6,6 Millionen Menschen warten auf die Überfahrt über das Mittelmeer. Dies gilt es zu stoppen“, twitterten sie immer wieder. Am Mittwoch hingegen war Funkstille auf allen Social Media Kanälen. Sie kommentieren die Berichte bis zum Abend nicht.

Paypal fror das Spendenkonto ein

Bereits am 14. Mai hatte eine kleinere Gruppe der Identitären um den Österreicher Martin Sellner und den Italiener Lorenzo Fiato versucht, mit einem Schlauchboot das Rettungsschiff Aquarius der deutschen NGO SOS Mediteranée im Hafen von Catania am Auslaufen zu hindern. Dabei schritt die Küstenwache ein. Daraufhin begann der „Verein zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität“ aus Graz, einem von Sellner angeführten Trägerverein der österreichischen Identitären, Geld für ein größeres Schiff zu sammeln.

Bald darauf hatten sie 63.000 Euro zusammen. Dann fror der Bezahldienst Paypal das Konto ein und zahlte das Geld an die Spender zurück. Die Identitären wichen auf wesearchr aus, eine Crowdfunding-Plattform, die von dem us-amerikanischen Alt-Right Aktivisten Charles Johnson betrieben wird. Bis Donnerstag zahlten rund 1.500 Spendern dort insgesamt 123.000 US-Dollar ein.

Die C Star gehört einer Reederei namens C Vessels mit Sitz im britischen Cardiff. Neben Sellner und Fiato sind in der vergangenen Woche unter anderem der Österreicher Patrick Lenart und der Franzose Clément Galant aus Lyon eingetroffen, um an Bord der C Star in See zu stechen. Aus Deutschland kamen der Berliner Architekturstudent und IB-“Regionalleiter“ Robert Timm sowie Simon Kaupert vom Identitären-Ableger Kontrakultur Halle. Gesellschaft leisten ihnen die Publizistinnen Katie Hopkins vom britischen Krawallblatt Daily Mail; sowie die us-amerikanische Alt Right-Bloggerin Brittany Pettibone und Laura Southern.

(Mitarbeit: Jan Michael Ihl)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.