Antibiotikaeinsatz kaum reduziert: Aigners lahme Gesetzesnovelle

Der Entwurf für ein neues Arzneimittelgesetz taugt nichts. Umweltverbände kritisieren, dass der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung wegen Aigners Initiative nicht sinke.

Auch Hühner protestieren vor dem Bundeskanzleramt gegen Antibiotika. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung wird nach Ansicht von Umwelt- und Ökoverbänden durch den neuen Gesetzesentwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums nicht reduziert. Das Ministerium hat den Verbänden gerade einen Kabinettsentwurf zur Novelle des Arzneimittelgesetzes vorgelegt.

Ziel des Entwurfs sollte sein, die präventive Gabe von Antibiotika in der Nutztierhaltung zu verringern. Im Januar hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) aufgedeckt, dass die gängige Praxis zur Bildung multiresistenter Keime führen kann. Menschen, die mit solchen Keimen verunreinigtes Fleisch essen, sprechen schlimmstenfalls nicht mehr auf eine Behandlung mit Antibiotika an.

Landwirtschaftsminsterin Ilse Aigner versprach im Januar, das Problem durch eine Änderung des Arzneimittelgesetzes anzugehen. Der nun vorgelegte Entwurf sieht vor, den Einsatz bestimmter Medikamente zukünftig zu beschränken. Insbesondere wird die Nutzung von Medikamenten aus der Humanmedizin in der Tierhaltung deutlich erschwert.

Zudem sollen Behandlungen mit Antibiotika in einer zentralen Datenbank erfasst werden. Betriebe, die über dem Durchschnitt liegen, sollen dann überprüft werden. Der Umweltverband BUND lehnt den Gesetzesentwurf als nicht weitgehend genug ab. Zwar sei es zu begrüßen, dass die Gabe von Antibiotika stärker eingeschränkt werde, insgesamt sei der Entwurf jedoch bei Weitem zu lasch, sagt Agrarexpertin Reinhild Benning.

Gravierende Fehler im Gesetzentwurf

Hauptkritikpunkt des Umweltverbands ist, dass nur die Häufigkeit der Antibiotikagabe erfasst werde, nicht aber die Menge. Es gebe aber Präparate, die bei einmaligem Einsatz einen über Wochen hohen Antibiotikaspiegel in den Tieren bewirkten. Zudem nimmt der Gesetzentwurf ausdrücklich Zuchtbetriebe und Fischfarmen von den Regelungen aus. „Zum Beispiel Elterntierfarmen von Wiesenhof oder industrielle Schweinezuchtanlagen mit 10.000 Sauen, wie im mecklenburgischen Alt-Tellin vorgesehen, würden nicht in der geplanten Datenbank erfasst“, kritisiert Benning.

Die Ursachen für den massiven Einsatz von Antibiotika bei Nutztieren lägen sowieso in der Haltungsform selbst. „Viel zu kurze Mastdauern und zu viele Tiere auf zu wenig Raum führen dazu, dass überhaupt Antibiotika gegeben werden müssen“, sagt Peter Röhrig, stellvertretender Geschäftsführer beim Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW).

Er fordert, die Tierhaltung in Deutschland insgesamt auf den Prüfstand zu stellen. „Grundsätzlich begrüßen wir es, dass genauer hingeschaut wird“, sagt Röhrig, „aber darauf darf es sich nicht beschränken. Das Ziel muss eine artgerechte Haltung für alle Tiere sein.“ Der Deutsche Bauernverband will sich erst später zu dem Gesetzentwurf äußern.

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