Antisemitismus-Streit in Bayern: „Wir weigern uns, Feinde zu sein“

Ein Schulfilm über den Nahostkonflikt führt zu Streit. Die Produzenten sehen sich einer „Diffamierungskampagne“ ausgesetzt und wehren sich nun vor Gericht.

Palästinenser demonstrieren in Berlin gegen Netanjahu-Besuch. Bild: dapd

BERLIN taz | Eigentlich sollte er gerecht und ausgewogen sein. In dem Dokumentarfilm „Wir weigern uns, Feinde zu sein“ wollten die Filmemacher Israelis und Palästinenser gleichermaßen zu Wort kommen lassen und Schülern in Deutschland so die unterschiedlichen Perspektiven im Nahostkonflikt vermitteln. Doch um die Ausgewogenheit des Films, der bundesweit in Schulen eingesetzt wird, ist nun ein Streit ausgebrochen. Am Montag wird er im Gerichtssaal fortgeführt.

„Der Film fördert den Antisemitismus und Antiisraelismus in Deutschland und vermittelt ein völlig falsches Bild vom Staat und Volk Israel“, heißt es in einem Schreiben, mit dem sich der freikirchliche Pastor Hansjürgen Kitzinger im November an die jüdische Gemeinde in Nürnberg und den für die Schulen zuständigen Bürgermeister der Stadt, Klemens Gsell (CSU), wandte. Der Betrachter müsse unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass Israel der Unrechtsstaat sei und die andere Seite „unrechtmäßig unterdrückt“ werde. Prompt verschickte Bürgermeister Gsell ein Rundschreiben an die Schulleitungen der städtischen Schulen. Bis auf Weiteres solle der Film nicht mehr im Unterricht verwendet werden.

Medienpaket für die Bildungsarbeit

Der Dokumentarfilm „Wir weigern uns, Feinde zu sein“ ist im Februar letzten Jahres als Teil eines umfangreichen Medienpakets für die Bildungsarbeit herausgegeben worden. Unter anderem das Auswärtige Amt und die Robert Bosch Stiftung förderten das Projekt. Der Film erklärt den Nahostkonflikt aus Sicht einer Gruppe deutscher Jugendlicher, die in Nahost mit israelischen und palästinensischen Friedensaktivisten zusammentreffen.

Obwohl der Film sichtbar um Ausgewogenheit bemüht ist, räumen die Produzenten der palästinensischen Sichtweise mehr Platz ein, indem sie das Leben unter israelischer Besatzung in den Mittelpunkt stellen. Einige Aspekte des Nahostkonflikts – die Bedrohung Israels durch die Nachbarstaaten etwa – werden weitestgehend ausgeklammert. Andere wie Selbstmordanschläge von militanten Palästinensern werden dagegen ausführlich thematisiert. Auch mit einer jüdischen Familie, die durch einen Anschlag eine Tochter verlor, treffen die deutschen Jugendlichen im Film zusammen.

Die Filmemacher Stefanie Landgraf und Johannes Gulde sehen sich durch die Aussagen Kitzingers und die Warnung Gsells einer „Diffamierungskampagne“ ausgesetzt. Vom Landgericht Nürnberg-Fürth wollen sie Kitzinger Antisemitismusvorwürfe in Bezug auf den Film nun verbieten lassen. Besonders stört Landgraf die Behauptung, der Film unterstütze „die Neonazi-Szene und andere israelfeindliche Gruppierungen mit vorhandenem Gewaltpotenzial in unserem Land“.

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