Antisemitismus gegen Ajax Amsterdam: "Hamas, Hamas, Juden ins Gas"

Viele Ajax-Fans sehen sich selbst als "Juden". Vor dem Pokalfinale am Sonntag machen gegnerische Fans im Netz mit antisemitischen Parolen und Klischees Stimmung.

Der Ajax-Spieler Miralem Sulejmani (links) umarmt Christian Eriksen nach dessen Tor zum 2:1 gegen Excelsior Rotterdam. Bild: dpa

AMSTERDAM taz | Rein sportlich betrachtet könnte das 93. niederländische Pokalfinale am Sonntag nicht attraktiver sein: Der amtierende Meister und Liga-Spitzenreiter Twente Enschede trifft auf Verfolger und Titelverteidiger Ajax Amsterdam. Zusätzliche Brisanz bekommt das Duell dadurch, dass sich die Kontrahenten bereits in einer Woche wiedersehen, wenn in der Amsterdamer Arena das entscheidende Spiel um den Titel in der Ehrendivision steigt.

Wie immer wird der Beker des Fußballverbands KNVB im Rotterdamer Stadion De Kuip vergeben. Für die Fans aus der Hauptstadt ist dies also auch ein Besuch in der Stadt des Lieblingsfeindes Feyenoord. Genau betrachtet sogar der einzig verbliebene, denn noch bis 2013 finden die Duelle der Erzrivalen ohne Gästefans statt.

Ajax' jüdisches Image

Neben regelmäßigen Ausschreitungen spielen dabei auch die antisemitischen Parolen eine Rolle, mit denen Feyenoord-Fans ihre Gegenüber bedenken. "Hamas, Hamas, Juden ins Gas" oder "Adolf, hier laufen noch elf, wenn du sie nicht vergast, tun wir es selbst" sind nicht nur, aber gerade in De Kuip Standard, wenn es gegen Ajax geht, dem seit je ein jüdisches Image anhängt. Ajax war nie offiziell ein jüdischer Klub, doch diverse Spieler und vor allem Funktionäre stammten aus der ehemals bedeutenden jüdischen Bevölkerung Amsterdams. Auch zahlreiche Ajax-Fans nennen sich selbst "Juden".

Dabei wühlen sie gelegentlich selbst tief in der Kiste politischer Widerwärtigkeiten, singen "Bomben auf Rotterdam" auf die Melodie von "Tulips from Amsterdam" und erinnern damit an die Zerstörung der Hafenmetropole durch Nazideutschland im Mai 1940. Als Ajax im März das Finale erreichte, kreierte ein Fanclub ein T-Shirt. "Die Juden kommen" stand unter der Silhouette einer Stadt, unschwer als Rotterdam zu erkennen. Darüber zogen Bomberflugzeuge, aus denen Davidsterne fallen. Der Bürgermeister von Amsterdam untersagte wenig später den Verkauf.

Der KNVB versucht seit Jahren, diese Erscheinungen aus den Stadien zu verbannen – ohne Erfolg. Im Gegenteil, die antisemitischen Parolen aus den Kurven, von denen es heißt, sie bezögen sich allein auf Ajax, keinesfalls auf "richtige" Juden, tauchten 2009 auf Demos gegen den Gaza-Krieg auf. Um antisemitischen Ausfällen vorzubeugen, fordert auch die Ajax-Leitung die eigene Gefolgschaft auf, Gesänge wie "Superjuden" einzustellen und auf Israelfahnen und Davidsterne im Stadion zu verzichten. Die Fans indes denken nicht daran.

Uneinsichtige Fans

In diesem Frühjahr stellt sich das Problem mit neuer Dringlichkeit. Zuerst veröffentlichten Feyenoord-Fans im Internet ein Spiel mit dem Titel "Judenjagd". Die Gestalten, die es abzuschießen galt, trugen Ajax-Trikots und hatten auffallend lange Nasen. Wenige Wochen später feierte Den-Haag-Spieler Lex Immers den Sieg gegen Ajax, indem er vor bierseligen Fans "Wir gehen auf Judenjagd" in ein Mikrofon grölte.

Uri Coronel, Vorsitzender des Rekordmeisters und Jude, sprach sich daher unlängst für ein strenges "Fußballgesetz" aus. Bei antisemitischen Sprechchören sollten Spiele abgebrochen oder Saisonkarten eingezogen werden, doch auch "Wer nicht springt, der ist kein Jude"-Chöre könnten zu einem Punktabzug führen. Mit Blick auf das Finale am Sonntag dürfte Coronel froh sein, dass es im Pokal nicht um Punkte geht.

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