Antrag in der Bürgerschaft: Einstimmig gegen Antisemitismus

Ein Dringlichkeits-Antrag sieht neue Maßnahmen im Kampf gegen den zunehmenden Antisemitismus in Bremen vor und wird einstimmig angenommen.

Kinder in einer Schulklasse melden sich. Der Lehrer steht vor einer beschriebenen Tafel.

Das Konzept „Stoppt den Antisemitismus“ soll Jugendliche im Fokus haben Foto: dpa

BREMEN taz | Antisemitische Straftaten sollen künftig statistisch besser erfasst werden: Das und weitere Maßnahmen im Kampf gegen einen stetig wachsenden Antisemitismus im Alltag hat die Bürgerschaft gestern einstimmig beschlossen.

Der Dringlichkeitsantrag, eingebracht von den Fraktionen der Grünen, der SPD, CDU, FDP und der Linken, bezieht sich auf die zunehmenden antisemitischen Anfeindungen und Übergriffe etwa auf Schulhöfen, in Sportvereinen und im Internet sowie die jüngsten Hakenkreuz-Schmierereien etwa an der Bremerhavener Synagoge.

Antisemitische Einstellungen, so heißt es im Antrag, seien in allen gesellschaftlichen Milieus, in allen Bildungsschichten anzutreffen. „Der Kampf gegen alten und neuen Antisemitismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, konstatieren die Fraktionen in ihrem Antrag.

Straftaten würden mehrheitlich von extremistischen und fundamentalistischen Teilen der Gesellschaft verübt. Um die Motivation der Täter besser zu erfassen, fordern die Fraktionen, dass antisemitische Straftaten im Verfassungsschutzbericht wieder explizit ausgewiesen werden.

„Das gibt uns die Möglichkeit, die wirkliche Situation auch real zu erfassen“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Henrike Müller von den Grünen. Das Anzeigen antisemitischer Straftaten soll Betroffenen erleichtert, die Dunkelziffer dadurch reduziert werden.

Bürgerschaftsabgeordnete und -vizepräsidentin Sülmez Dogan (Grüne)

„Lassen Sie nicht zu, dass Lästern und Hetzen über Juden normal wird!“

Aber gerade auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze besteht nach Ansicht der Fraktionen Handlungsbedarf: „Jede Form von Antisemitismus ist beschämend für uns alle – gleichgültig, ob strafbar oder nicht.“

Die Bürgerschaftsvizepräsidentin und Grünen-Abgeordnete Sülmez Dogan sagte in ihrer Rede: „Mit Worten fängt es an.“ Wenn etwa im Fußballspiel nach einem Fehlpass der eine Spieler dem anderen zurufe, „Gib doch ab, du Jude!“, sei das nur ein Beispiel von vielen. „Lassen Sie nicht zu“, appellierte Dogan in ihrer Rede, „dass Lästern und Hetzen über Juden normal wird!“

Im Antrag heißt es weiter, auch die Anforderungen an die Integration von MigrantInnen müssten „darauf gerichtet sein, die besondere Verantwortung unseres Landes gegenüber Jüdinnen und Juden in Deutschland und dem Staat Israel deutlich zu machen.“

Gerade in Bezug auf Jugendliche sieht der Beschluss daher die Erarbeitung eines ressortübergreifenden Handlungskonzepts „Stopp den Antisemitismus“ vor. Auch die schon 2013 beschlossene, von Bremen aber bisher nicht umgesetzte Kooperation zur Lehrerfortbildung mit der International School for Holocaust Studies in Yad Vashem soll nun endlich erfolgen – entweder in Form einer eigenständigen Vereinbarung oder in Kooperation mit Niedersachsen, das den Beschluss der Kultusministerkonferenz bereits umsetzt.

Die Jüdische Gemeinde begrüßt den Antrag

„Die Jüdische Gemeinde begrüßt den Antrag sehr“, sagt deren Vorsitzender Grigori Pantijelew. „Das ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung!“ Der Wunsch sei jetzt, „in die Erarbeitung der Konzepte zu Themen, die mit uns zu tun haben, auch einbezogen zu werden.“

Ein „starkes und vielfältiges Judentum und sichtbares jüdisches Leben“ wünschen sich auch die Fraktionen in ihrem Antrag, es bereichere das Zusammenleben und festige den Zusammenhalt. „All das, was zur Öffnung des jüdischen Lebens für die Stadtbürger positiv beitragen kann, ist auch unser Wunsch“, sagt dazu Grigori Pantijelew.

Wie die Forderungen aus dem Bürgerschaftsbeschluss umgesetzt werden, soll der Senat in einem halben Jahr in einem Bericht darlegen.

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