Arabische Reaktionen auf Bin Ladens Tod: Erleichterung und Skepsis

Die meisten arabischen Regierungen begrüßen den Tod von Osama bin Laden. Die palästinensische Hamas verurteilt jedoch den tödlichen Anschlag.

Oppositionelle im Jemen sehen die Nachricht vom Tod Osama bin Ladens. Bild: reuters

BERLIN taz | In Osama bin Ladens Geburtsland, dem Jemen, hat die Regierung in Sanaa dessen Tod als "den Anfang vom Ende des Terrors" gegrüßt. Gleichzeitig riefen jemenitische Oppositionelle die Demonstranten, die seit Wochen den Rücktritt von Präsident Ali Abdullah Saleh fordern, dazu auf, bei Kundgebungen keine Plakate von bin Laden mitzubringen. Sie befürchten, Saleh könne dies als Vorwand nutzen, um noch härter gegen die Protestbewegung vorzugehen.

Es ist nicht überraschend, dass Regierungen wie im Jemen oder in Saudi-Arabien, aber auch in anderen arabischen Staaten, sich erleichtert über den Tod bin Ladens zeigen, hatte al-Qaida doch ihren Sturz angestrebt und Anschläge auf sie verübt. Gleichzeitig zeigt der Aufruf an die jemenitischen Demonstranten, dass es in der Bevölkerung noch Sympathien für die Terroristen gibt, wenngleich diese gerade wegen der Anschläge in den vergangenen Jahren geschrumpft sind. Das Aufbegehren in der arabischen Welt, die weitgehend friedlichen Proteste haben schließlich gezeigt, dass es auch andere Wege zum Sturz von Diktatoren gibt als den mörderischen von al-Qaida.

So waren bereits im vergangenen Herbst T-Shirts mit dem Konterfei bin Ladens aus dem Straßenbild der ägyptischen Hauptstadt Kairo verschwunden. Heute werden dort Hemden mit Emblemen der Revolution verkauft. "Die Revolutionen im Nahen Osten sind der Beweis, dass die Demokratie im Nahen Osten ein Zuhause hat und wir keine ausländischen Besatzungen mehr brauchen", sagte Essam al-Arian aus dem Leitungsgremium der Muslimbrüder gegenüber Reuters. Nun sei es an der Zeit, dass US-Präsident Barack Obama sein Militär aus Afghanistan und dem Irak abziehe und die Besatzung durch US- und westliche Truppen rund um die Welt beende, die den muslimischen Ländern so lange geschadet habe. Auf der Webseite der Organisation findet sich eine eigene Rubrik über ihre Auseinandersetzung mit al-Qaida.

Anders als die Stellungnahme der Muslimbrüder verurteilte die palästinensische Hamas die Tötung bin Ladens. Ministerpräsident Ismael Hanijeh beschrieb den Akt als eine Fortsetzung der amerikanischen Unterdrückung und des Blutvergießens von Muslimen und Arabern. Hamas hat wiederholt erklärt, man unterhalte keine Beziehungen zu al-Qaida. Ihr Kampf richte sich gegen Israel und nicht gegen den Westen als Ganzes.

Im Irak, wo Selbstmordanschläge von Gruppen, die al-Qaida nahestehen, Tausende schiitische und sunnitische Opfer gefordert haben, überwog die Erleichterung über die Todesnachricht. Auf der Webseite der als unabhängig bezeichneten "Stimme des Irak" kommentiert etwa der Leser Salman al-Haddad: "Nur ein Verbrecher tötet Menschen im Namen der Religion. Wir hoffen, dass dies eine passende Gelegenheit ist, den Anfang vom Ende des Terrorismus im Irak und in der Welt zu begrüßen." Ali Kazem al-Tamimi ist da skeptischer: "Die Tötung von bin Laden wird dem Terrorismus kein Ende setzen, das wird überbewertet. Denn ohne eine politische Lösung für die palästinensische Frage sowie durch die Existenz von diktatorischen Regimen im Nahen Osten wird weiter Hunderten und auch brutaleren Alternativen zu bin Laden Vorschub geleistet. Nur eine Beseitigung der Ursachen, Sponsoren und Unterstützer schafft da Abhilfe."

Mitarbeit: Seif al Shishkakli

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