Arbeitsagentur beauftragt Inkassofirmen: Geld eintreiben für die Jobcenter

Die Agentur für Arbeit beauftragt Profis, um säumige SchuldnerInnen ausfindig zu machen. Hartz-IV-EmpfängerInnen soll es nicht treffen.

Rechts im Vordergrund des Schild eines Jobcenters, links verschwommen im Hintergrund ein Mensch auf einem Fahrrad

Rabiate Methoden? Die Arbeitsagentur will Geld sehen Foto: dpa

BERLIN taz | „Inkasso mit Herz und Verstand“ steht auf der Website des Unternehmens EOS. Inkasso, das klingt nach hohen Mahngebühren, nach Halsabschneidern und Angst vor dem Briefumschlag. Die Bundesagentur für Arbeit hat kürzlich zwei solche Unternehmen, EOS und Apontas, zeitlich befristet beauftragt, SchuldnerInnen zu finden und zu belangen.

„Natürlich wollen sie den Menschen Angst machen“, sagt Inge Hannemann, ehemalige Angestellte der Agentur und heute entschiedene Gegnerin von Hartz IV. Man müsse Schulden bezahlen, aber es gehe auch darum, wie man die Menschen behandelt.

Apontas leitet sogar eine Akademie, in der man das Geld eintreiben lernen kann. Das Unternehmen verspricht „schnell, effizient und kostengünstig“ zu sein. Es arbeitet als „verlängerter Arm der Verwaltung“, heißt es in der Pressemitteilung der Bundesagentur. Hannemann sagt, sie habe bereits mit MitarbeiterInnen der Agentur gesprochen. Sie hätten davon aus den Medien erfahren. Der Sprecher der Bundesagentur, Paul Ebsen, betont hingegen die Zusammenarbeit zwischen Arbeitsagentur und Inkassounternehmen.

EOS und Apontas sollen sich um die KundInnen kümmern, an die zwischen 2006 und 2010 zu viel Geld ausgezahlt wurde. Es geht um 120.000 Menschen, die insgesamt 142 Millionen Euro Schulden bei der Arbeitsagentur haben. Die Unternehmen werden an den Umsätzen beteiligt, also an den eingetriebenen Schulden, sagt Ebsen. Die SchuldnerInnen müssten nicht mit hohen Mahngebühren rechnen, es gehe nur um den Ausgleich der Schulden. „Für umsonst arbeiten solche Unternehmen allerdings nicht“, kommentiert das Hannemann, die für die Linkspartei in der Hamburger Bürgerschaft sitzt.

Zu diesen 120.000 Fällen habe die Bundesagentur nur noch „fragmentierte Kontakte“, deswegen habe man Profis beauftragt. Sie sollen nicht nur Wohnsitze, sondern auch Einkommensverhältnisse klären. Die SchuldnerInnen beziehen inzwischen keine Leistungen der Agentur mehr. Es sei möglich, aber unwahrscheinlich, dass auch Hartz-IV-EmpfängerInnen unter den Betroffenen seien.

Die Schulden, die von den Inkassounternehmen eingefordert werden sollen, beziehen sich lediglich auf Leistungen, die von der Agentur herausgegeben worden seien, in den meisten Fällen ALG-I-Gelder. Leistungen, die von Jobcentern ausgezahlt wurden, werden nicht berücksichtigt. Dafür ist ein eigenes Inkassounternehmen verantwortlich. Außerdem versichert die Arbeitsagentur, dass keine Gelder wegen des Verfahrens eingespart werden müssten.

Die schärferen Sanktionen bei Hartz IV und die beauftragten Inkassounternehmen zeigen: Die Bundesagentur für Arbeit will aufräumen. Das, so Hannemann, stehe im Gegensatz zu den Statistiken, die die Bundesagentur herausgibt. Die Zahl der Arbeitslosen sinkt. Warum also das harsche Vorgehen? Ob das auf Weisung des Noch-Präsidenten Frank-Jürgen Weise oder seines Nachfolgers Detlef Scheele geschieht, ist nicht bekannt.

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