Arbeitsplatz Wissenschaft: Geld im Tausch gegen feste Stellen

Die SPD will gegen prekäre Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft vorgehen. Sie fordert auch, dass Hochschulen sich anstrengen.

Eine volle Vorlesung an einer Hochschule

Neun von zehn MitarbeiterInnen sind befristet angestellt Foto: dpa

BERLIN taz | Bundesgeld gegen feste Stellen für Nachwuchswissenschaftler – so der Kern einer Abmachung, den SPD-Bildungspolitiker am heutigen Mittwoch vorschlagen. In dem Positionspapier aus dem Büro der Bundestagsabgeordneten und stellvertretenden Vorsitzenden des Bildungsausschusses, Simone Raatz, heißt es: Der Bund solle mit den Ländern nach Wegen suchen, dauerhaft einen substanziellen Betrag zur Grundfinanzierung der Hochschulen zu gewährleisten. „Damit eröffnen wir unter anderem die Möglichkeit, in unbefristete Stellen investieren zu können.“

Über 90 Prozent der hauptberuflichen Wissenschaftler im sogenannten Mittelbau der Unis sind befristet beschäftigt. „Der in den vergangenen Jahren stattgefundene Abbau des Mittelbaus an unseren Hochschulen war und ist wissenschaftspolitisch ein Fehler“, begründete Raatz den Vorstoß gegenüber der taz. „Es ist höchste Zeit, umzusteuern und durch klare Karriereperspektiven den Mittelbau zu stärken.“

Das Positionspapier fordert denn auch von den Hochschulen Anstrengungen, über den Tellerrand der Professur zu denken – derzeit die einzige Stellenkategorie, die ambitionierten Wissenschaftlern die Möglichkeit bietet, selbstständig und unbefristet an Hochschulen zu lehren und zu forschen. So sollen die Unis Personalstrukturkonzepte und zentrale Beratungsstellen für die Karriereplanung etablieren. Die Länder wiederum, die die Hochschulen hauptsächlich finanzieren, sollen sich verpflichten, „einen Mindestanteil der Mittel aus der verbesserten Grundfinanzierung für zusätzliche Tenure-Track-Stellen sowie neue Personalkategorien zu verwenden“.

Mit dem Vorschlag betritt Raatz lange vermintes Terrain. Der Bund durfte laut Verfassung bis vor Kurzem kein Personal an Hochschulen bezahlen, für die Schulen gilt dies bis heute. Ende 2014 hob die Große Koalition das Kooperationsverbot für den Hochschulbereich auf. Damit ergeben sich neue Möglichkeiten seitens des Bundes, die schlecht ausgestatteten Hochschulen zu stützen. Doch nach wie vor reagieren die Länder sensibel, wenn der Bund in ihre Hoheitsgebiete hineinregieren will.

Erst in diesem Jahr hatte die Regierung ein Programm für 1.000 Stellen für Nachwuchswissenschaftler vereinbart und die arbeitsrechtlichen Regelungen an den Hochschulen überarbeitet. Doch Raatz meint: „Allein mit der Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes und dem Tenure-Track-Programm ist es nicht getan, um die Beschäftigungssituation unserer WissenschaftlerInnen an Hochschulen zu verbessern.“ Nun müssten weitere Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft folgen.

Die außeruniversitären Forschungsinstitute, wie etwa die Max-Planck- oder die Helmholtz-Institute, will die SPD ebenfalls auf bessere Beschäftigungsbedingungen verpflichten. Im Gegenzug für eine Fortsetzung des Pakts für Forschung und Innovation, der den Forschungsgemeinschaften eine jährliche feste Etaterhöhung garantiert, sollen diese „verbindliche Zielvereinbarungen, wie die Reduzierung des Befristungsanteils“, verabreden. Auch die Forschungsförderung für befristete Projekte will Raatz dahingehend auf den Prüfstand stellen.

Des Weiteren fordert das Papier eine faire und auskömmliche Vergütung von Lehrbeauftragten und Privatdozenten, die Förderung von Frauen in der Wissenschaft, aber auch ein Weiterbildungsprogramm für Führungskräfte an Hochschulen. Hier sieht die SPD das Bundesbildungsministerium in der Pflicht. Das führt derzeit Johanna Wanka von der CDU.

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