Arbeitsschutz in der Textilindustrie: Textilfirmen denken um

Nach dem Einsturz einer Fabrik in Bangladesch treten über 100 Firmen und Verbände für den Arbeitsschutz ein. Die deutsche Textilbranche soll Vorbild sein.

Näherinnen und Kind in Fabrik

Das Bündnis sorgt für bessere Sozial- und Umweltstandards in den ausländischen Produktionsstätten. Foto: dpa

BERLIN dpa | „Wissen Sie eigentlich, wo Ihre Jeans hergestellt wurde?“ Mit dieser Frage leitet Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) gerne Gespräche ein. Wer darauf keine Antwort geben kann, muss sich auf einen längeren Vortrag über den Einsatz giftiger Chemikalien und unmenschliche Arbeitsbedingungen in asiatischen Textilfabriken gefasst machen.

Auch die Handelsverbände und die Unternehmen der deutschen Textilbranche hat Müller im vergangenen Jahr mit einem solchen Frontalangriff erschreckt. Das ging erst einmal schief. Die Großen der Branche weigerten sich im Oktober 2014 standhaft, dem von Müller neu gegründeten „Bündnis für nachhaltige Textilien“ beizutreten. Das Bündnis, das für bessere Sozial- und Umweltstandards in den ausländischen Produktionsstätten deutscher Unternehmen sorgen will, erschien ihnen zu ambitioniert. Einzelne Verbandsfunktionäre warnten ihre Mitglieder vor möglichen Haftungsrisiken.

Dass Konzerne wie Adidas und H&M jetzt ihre Skepsis aufgegeben haben, hat vor allem zwei Gründe. Der „Aktionsplan“ des Bündnisses wurde leicht entschärft. Und Müller hat richtig Druck gemacht, weil die Zeit drängte. Denn die Bundesregierung will Müllers Initiative beim G7-Gipfel, der am kommenden Sonntag auf Schloss Elmau beginnt, als Beispiel für „nachhaltige globale Lieferketten“ vorstellen.

Dadurch sollen andere G7-Staaten ermuntert werden, ähnliche Bündnisse zu gründen. Davon hätten dann nicht nur die Textilarbeiter in den Entwicklungsländern etwas, die oft für Hungerlöhne in Bruchbuden ohne Brandschutz schuften. Auch die deutschen Textilhersteller und Handelskonzerne haben aus Wettbewerbsgründen ein Interesse daran, dass die Mindeststandards, auf die sie sich jetzt verpflichtet wollen, künftig auch für Unternehmen aus anderen Staaten gelten. „Das Ziel ist es, dieses Bündnis möglichst schnell auf eine internationale Ebene zu bringen“, erklärt Hans-Otto Schrader, Vorstandsvorsitzender der Otto Group.

Andere Branchen sollen folgen

Und was macht Minister Müller? Er freut sich, dass seine Initiative jetzt doch noch Fahrt aufgenommen hat: „Das ist ein starkes Zeichen auch in Richtung der G7-Gespräche am kommenden Wochenende. Deutschland ist damit Vorreiter für die internationalen Bemühungen, zu fairen Standards in den globalen Lieferketten zu kommen.“ Er hoffe, dass es den Mitgliedern des Bündnisses gelingen werde, faire soziale und ökologische Standards in den textilen Produktionsketten zu etablieren – vom Baumwollfeld bis zum Bügel.

Sollte das Textilbündnis tatsächlich zu einer Erfolgsgeschichte werden, dann will sich Müller auch noch andere Branchen vornehmen, die vornehmlich im Ausland produzieren oder produzieren lassen. Er sagt: „Mit Textil machen wir hier in Deutschland einen Anfang.“

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