Der letzte Versuch

Jetzt wird es Ernst: Wilhelmsburger Sportclubs Jahn, Viktoria und WSV 93 kommen sich so nah, dass eine Fusion zum SV Wilhelmsburg bevorsteht

Das Angebot wird vergrößert und eine bessere Ausnutzung der Stätten geschaffen

von VOLKER STAHL

Mündet die unendliche Geschichte von der Fusion Wilhelmsburger Vereine nun doch in ein Happy End? Fakt jedenfalls ist, dass die drei Traditionsclubs Turnverein Jahn von 1895, TSC Viktoria Wilhelmsburg-Veddel von 1888 und Wilhelmsburger Sportverein von 1893 weiter fest entschlossen sind, zu einem schlagkräftigen Großverein zu verschmelzen.

Der „letzte Versuch“, betont der WSV 93-Vorsitzende Michael Müller, soll auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung der drei verbliebenen Fusions-Kandidaten im Bürgerhaus Wilhelmsburg unternommen werden. Die ursprünglichen Interessenten ESV Einigkeit, Rot-Weiss, Turn-Club und Vorwärts Ost waren ausgeschert.

„Aus drei mach eins“, lautet die aktuelle Formel: Der neue Club soll Sportverein Wilhelmsburg von 1888 heißen, mindestens 16 Sparten umfassen und sein neu zu entwerfendes Emblem in den traditionellen Wilhelmsburger Farben Blau, Weiß und Gelb erstrahlen.

Wenn die Verschmelzung klappt, wird Jahn 1200 und die beiden anderen Vereine jeweils 450 Mitglieder zum dann 2100 Sportler zählenden SV beisteuern - bei insgesamt rund 46.000 Einwohnern in Hamburgs flächenmäßig größtem Stadtteil wäre der Club auch gesellschaftspolitisch eine ernst zu nehmende Größe.

Doch bis es so weit ist, müssen noch einige formale Hürden übersprungen werden, worauf Viktorias Vorsitzender Fritz Steinseifer hinweist: „Zunächst wird über den Entwurf des Verschmelzungsvertrages entschieden. Dazu ist eine Dreiviertel-mehrheit notwendig.“ Wenn die erreicht wird, werde der Kontrakt aber nur wirksam, so die treibende Kraft bei den Zusammenschlussgesprächen, wenn der größte Verein Jahn bis Anfang Juni nächsten Jahres alle Bedingungen erfüllt. Der Hintergrund: Statt einer klassischen Fusion streben die Vereine jetzt eine „Verschmelzung durch Aufnahme“ an. Formal soll es folgendermaßen ablaufen: Viktoria und der WSV 93 werden bei der ersten Abstimmung aller Alt-Vereine zunächst vom TV Jahn geschluckt, der direkt im Anschluss (nur die Jahn-Mitglieder stimmen ab) seinen Namen und seine Satzung ändert und die Voraussetzung der Verschmelzung zum 1. Juni 2003 schafft.

„Die Angebotsvielfalt wird vergrößert, es kann effektiver gearbeitet werden, es wird eine bessere Ausnutzung von Sportstätten geben“, benennt Jahns Vorsitzender Holger Stuhlmann die grundsätzlichen Vorteile eines Zusammenschlusses. Außerdem versprechen sich die Vertreter der drei Verschmelzungskandidaten von einem - auch für Sponsoren interessanteren - Großverein mehr Gewicht in Verbänden sowie gegenüber Verwaltung und Politik.

Sollte aus den drei Vereinen tatsächlich der SV Wilhelmsburg entstehen, könnte es in der Sparte Fußball zu einer Skurrilität kommen: Nach einem auf dem letzten außerordentlichen Verbandstag des Hamburger Fußballverbandes (HFV) getroffenen Beschluss wäre es möglich, dass der neue Club mit zwei Mannschaften in der Landesliga antritt - die sportliche Qualifikation vorausgesetzt. Würden Viktoria und der WSV 93 die Klasse halten, träte dieser Fall ein. Allerdings müsste ein Team von der Hammonia- in die Hansa-Staffel wechseln. „Mit der neuen Regelung wollen wir Fusionen bewusst fördern“, erklärt HFV-Geschäftsführer Karsten Marschner.