Trinkwasser, marsch nach Israel!

Die Türkei unterzeichnet mit Israel einen Vertrag zur Lieferung von Wasser. Ankara hofft auf weitere Kunden in Nahost

ISTANBUL taz ■ Weltweit erstmals ist am Dienstag zwischen zwei Staaten ein Vertrag über die Lieferung von Trinkwasser unterschrieben worden. Nach jahrelangen Verhandlungen einigten sich die Türkei und Israel auf einen Liefervertrag über jährlich 50 Millionen Kubikmeter Wasser für zunächst 20 Jahre. Nach Angaben des türkischen Außenministeriums unterzeichneten Israels Ministerpräsident Ariel Scharon und der türkische Energieminister Zeki Cakanin in Jerusalem eine entsprechende Vereinbarung. Eine Kommission aus Vertretern beider Staaten soll nun die technischen Einzelheiten aushandeln.

Das Wasser soll von der türkischen Südküste per Schiff zum israelischen Hafen Askalon gebracht werden. Das Wassergeschäft zwischen Israel und der Türkei war jahrelang vorbereitet worden und schien schon mehrfach vor einem Abschluss zu stehen. Bislang war es aber immer wieder an israelischen Bedenken gescheitert, die sich vor allem auf zwei Punkte bezogen. Zum einen war den Fachleuten aus Tel Aviv der Preis zu hoch. Wichtiger noch aber war ein grundsätzlicher Einwand; Israel, so die Kritiker des Geschäfts, dürfe sich bei einer so lebenswichtigen Ressource wie Wasser nicht von Importen aus dem Ausland abhängig machen. Stattdessen solle man lieber zusätzliche Meerwasser-Entsalzungsanlagen bauen und den steigenden Bedarf über eigene Anstrengungen sichern.

Über beide Einwände hat sich nun offenbar Scharon hinweggesetzt. Israel braucht dringend zusätzliches Wasser, und das offenbar schneller, als es durch den Bau neuer Entsalzungsanlagen beschafft werden kann. Der Wasserspiegel des Sees Genezareth, des größten Süßwasserreservoirs in Israel, fällt beständig, und auch der Grundwasserspiegel ist durch andauerndes Abpumpen bereits so weit gefallen, dass Meerwasser in die unterirdischen Wasserspeicher dringt.

Angesichts dieser bedrohlichen Situation war das Argument einer Abhängigkeit von der Türkei offenbar nachrangig. Im Streit um den Preis – ursprünglich wollte die Türkei 50 Cent pro Kubikmeter – kann man davon ausgehen, dass die türkische Regierung den Israelis entgegengekommen ist. Für die Türkei hat das Geschäft mit Israel Pilotcharakter, weitere Abschlüsse mit anderen Ländern sollen bald folgen. Deshalb wird das Geschäft mit Israel wohl zur Not auch zum Selbstkostenpreis abgeschlossen.

Im Vergleich zu vielen Nahostländern auf der anderen Seite des Mittelmeeres ist die Türkei relativ wasserreich. Insbesondere entlang der Südküste fließen Milliarden Kubikmeter Wasser aus dem Taurusgebirge ungenutzt ins Mittelmeer. Einer dieser Flüsse ist der Manavgat, ungefähr 50 Kilometer östlich von Antalya, dessen Wasser nun an Israel verkauft werden soll.

Die türkischen Wasserwerke haben am Manavgat in den 90 Jahren ein in dieser Form wohl einmaliges Terminal gebaut, von dem aus Wasser auf Schiffe verladen werden kann. Über einen Kilometer sind die Rohre ins Meer verlegt, wo sie dann in ein Terminal geführt werden, an dem die Wassertanker anlegen können, um vollgepumpt zu werden. Das Terminal ist um 360 Grad schwenkbar, sodass praktisch bei jedem Wetter gearbeitet werden kann. Die jetzige Kapazität ist auf 100 Millionen Kubikmeter Wasser jährlich ausgelegt, kann nach Angaben der türkischen Techniker aber leicht auf das Doppelte gesteigert werden.

Diese Ausbaukapazität wurde in der Erwartung angelegt, dass nach Israel weitere Staaten des Nahen Ostens in der Türkei Wasser kaufen. Das 1999 fertig gestellte Terminal hatte schon hochrangigen Besuch aus Libyen, Jordanien und Saudi-Arabien. Mit allen diesen Staaten hofft die Türkei ins Geschäft zu kommen. JÜRGEN GOTTSCHLICH