Argentinien

Megalopolis Buenos Aires: Feldstudien über ein zerrissenes Land zwischen Apathie und Revolte

Manuel Rivera, 25 Jahre, Soziologie, FU Berlin

„Spuren, die einen nach Buenos Aires führen, gibt es genug: Cortázar, Evita, das Teatro Colón, der Tango, die berühmten BSE-freien Steaks und nach den Unruhen des Jahres 2001 auch der Ruf eines „sozialen Brennpunkts“. Als ich vor einem Jahr hinging, war ich erst einmal neugierig darauf, den Puls dieses Riesengemischs aus Manhattan, Palermo und Quartier Latin mal alltäglich, nicht nur als Tourist zu spüren. Und den Soziologiestudenten in mir lockten die gesellschaftlichen Widersprüche: die Spannung zwischen Privatismus und Korporatismus, Europa-USA-Fixierung und Nationalstolz, Apathie und Revolte.

Dass ich von Letzterer so viel mitbekommen würde, hätte ich dann freilich doch nicht erwartet. Wobei die Universidad de Buenos Aires einen guten Platz abgab für das Mittanzen auf dem Vulkan: Sie ist nach wie vor gebührenfrei und hat mittlerweile 250.000 (!) Studenten. Letztere fielen in der Megalopolis nicht weiter auf, wenn sie nicht so verdammt politisch aktiv wären. Die zahllosen Streiks und Aktionen finden großenteils auf der Straße statt, was sich als eine aus der Not geborene Tugend erklärt: allein die Sozialwissenschaftliche Fakultät hat 18.000 Studenten, da findet sich nicht so leicht eine Versammlungsaula.

Trotz dieser sich täglich aufdrängenden ‚Feldstudien‘ findet man erstaunlicherweise doch immer noch Zeit für die oft hervorragenden Seminare, die vor allem durch ihre Diskussionswut auf recht hohem Niveau in Erinnerung bleiben.“