Die Schule dient der Integration

Frankreich versteht sich seit dem 19. Jahrhundert als Einwanderungsland. Allerdings drosselt die Regierung in Paris die legale Einwanderung seit den Siebzigerjahren, zeitgleich steigt die Zahl der Illegalen. Aufgrund sechs großer und mehrerer kleiner Reformen ist ein Wust von zum Teil widersprüchlichen Gesetzen entstanden, den selbst Anwälte, die sich spezialisiert haben, kaum durchschauen. Das hat dazu geführt, dass die Behörden einen großen Ermessensspielraum haben.

Einwanderungsgesetz? Das französische Einwanderungsgesetz wurde sofort nach Kriegsende 1945 verabschiedet, um ein deutliches Zeichen gegen die antisemitische Politik des Vichy-Regimes zu setzen.

Flüchtlingsschutz: Flüchtlinge werden grundsätzlich nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt. Außerdem gilt seit 1998 das „asile territorial“, das auch nichtstaatlich Verfolgten zum Beispiel aus Krisengebieten Schutz bietet. Die Zahl der Bewerber auf Territorialasyl steigt ständig.

Arbeitsmigration: Es gibt in Frankreich keine Anwerbeabkommen, obwohl sie von Wirtschaft und Handwerk seit einigen Jahren gefordert werden. Arbeitsgenehmigungen werden nur bei Arbeitskräftemangel gewährt, Ausnahmen gibt es bei hoher Qualifikation oder zu erwartendem hohem Einkommen. Eine Arbeitserlaubnis muss vom Herkunftsland aus beantragt werden.

Nachzugsalter: 18 Jahre. Allerdings liegt das Alter bei 21 Jahren, wenn die Eltern bereits französische Staatsbürger sind.

Integration: Die Schule gilt in Frankreich als wichtigstes Integrationsinstrument. Besondere, verpflichtende Sprachkurse existieren nicht.

Einbürgerung: Wer seit mindestens fünf Jahren legal in Frankreich lebt und ausreichende Sprachkenntnisse vorweisen kann, hat formal das Recht, die französische Staatsbürgerschaft zu beantragen.

Politische Debatte: Im aktuellen französischen Wahlkampf spielt das Thema Zuwanderung bisher keine entscheidende Rolle. Die beiden Präsidentschaftskandidaten, der Sozialist Lionel Jospin und der Konservative Jacques Chirac, haben keine erkennbar kontroversen Vorstellungen. Die Zuwanderung war allerdings seit Anfang der Achtzigerjahre ein zentrales Wahlkampfthema. 1997 verhalf die Debatte über die Legalisierung der „Sans Papiers“ der rot-rosa-grünen Koalition zum Wahlsieg. Der rechtsextremen „Front National“ brachte die Zuwanderungsdebatte in der Vergangenheit bis zu 15 Prozent der Wählerstimmen ein.

DOROTHEA HAHN