Soundcheck

Gehört: Mars Volta, Schlachthof. Die Rockbands der Gegenwart, also The Strokes, Trail of Dead, At the Drive-Inn und auch deren Nachfolgeband Mars Volta sind ein wenig wie die Graugänse des Verhaltensforschers Konrad Lorenz: Wen sie zuerst gesehen, gehört oder gespürt haben, den wählen sie sich zum Elternteil, von dessen Stamm der Apfel so weit nicht fällt. Diese Bands haben nichts dagegen, dass Leute vor ihnen etwas versucht haben, was ihren heutigen Versuchen ähnelt. Mars Volta haben ganz, ganz viele Eltern, und die wiederum haben die Gemeinsamkeit, dass sie alle aus dem Jahrzehnt kommen, in dem Yes, Lou Reed, Captain Beefheart und Iggy Pop noch kinderlos waren und gerade anfingen – aus den 60ern.

Mars Volta schmissen sich in ihre unglaublichen, wilden Lieder, die erst rockten, dann wieder Passagen enthielten, als gebe es noch einen Bezug, und zwar zu Miles Davis, der in den 60ern schon lange dabei war, aber eine für Mars Volta ziemlich entscheidende Platte aufnahm: Bitches Brew. Das Konzert war begeisternd genug, um ein Lichtchen aufgehen zu lassen: Bei den 60ern handelt es sich um das Jahrzehnt, in dem kulturell erkannt wurde, dass der zweite Weltkrieg vorbei war – und von den Richtigen beendet. Das Glück darüber ist den Mitgliedern guter Rockbands ins Gesicht geschrieben, einer tollen und toll gewordenen wie Mars Volta wurde es auf die Haut und die schlanken Körper diktiert. Die machten vor, dass sich selbst in der für ihre Verhältnisse recht kleinen Hütte Energie entfalten kann. Mit dieser Energie schmissen Mars Volta um sich, dass die Menschen, die dabei waren – und mit Feincordhosen, Ziegenbärtchen, langen Stiefeln und entsprechenden T-Shirts schon fast wieder wie aus dem Jahr 1969 aussahen – fast zu klatschen und zu schreien vergaßen. Kristof Schreuf