Schlechte Zeiten für kleine StadtBlätter

Kommt doch das Aus für das kritische Bielefelder „StadtBlatt“? Trotz Übernahme durch eine GmbH sieht’s mau aus

Das Bielefelder StadtBlatt rauft sich mal wieder die Haare. Wird der Laden schon bald dichtgemacht? Oder bleibt das kritische Alternativblatt seinen rund 7.000 Käufern in Bielefeld und Ostwestfalen erhalten? Die drei Gesellschafter zumindest, die erst vor zwei Monaten beim Alternativblatt eingestiegen waren, haben keine Lust mehr.

Ihre „Stadtblatt-Medien-Beteiligungs-GmbH“ steht kurz vor der Selbstauflösung. Deshalb haben die Gesellschafter den Redakteuren angeboten, das Ruder zu übernehmen. Die Gespräche laufen, und vielleicht fällt schon beim Treffen morgen eine Entscheidung.

Gesellschafterin Susanne Schaefer-Dieterle hatte bereits in der vergangenen Ausgabe ausführlich bedauert, dass es bisher nicht gelungen sei, „das Bielefelder StadtBlatt in seiner derzeitigen Struktur in eine solide finanzielle Zukunft zu führen.“ Bundesweit hätten die Unternehmen ihre Werbeausgaben zurückgeschraubt – das habe auch das StadtBlatt zu spüren bekommen.

Die jüngste Geschichte der wöchentlichen Postille war ein ständiges Auf und Ab. Erst im August hatte das StaBla einen Insolvenzantrag gestellt. Im September tauchten die Gesellschafter auf, das Blatt schien gerettet. Die taz jubelte „Hurra“, und freute sich, dass das StaBla seinen 25. Geburtstag doch noch feiern könne. Ob die Belegschaft die Luftballons wieder abbestellen und stattdessen eine Trauerfeier ausrichten muss – das hängt freilich davon ab, wie die Gespräche morgen laufen. Übernehmen oder nicht übernehmen, lautet derzeit die große Frage.

Die Redakteure haben zumindest nicht spontan „hurra“ gerufen, als die Gesellschafter ihnen das Ruder übergeben wollten. „Das Angebot hat uns überrascht“, teilten sie vergangene Woche im Blatt auf Seite 1 mit. Und fragten völlig verunsichert erstmal ihre Leser: „Braucht überhaupt noch irgend jemand diese Zeitung?“ Ein Fragebogen soll bei der Entscheidung helfen, die Auswertung braucht noch Zeit.

StadtBlatt-Redakteur Matthias Harre will keine Prognose über den Ausgang der morgigen Gespräche wagen: „Auch wenn wir die Geschäfte übernehmen, werden sich die wirtschaftlichen Bedingungen nicht ändern.“ Aber seine Stelle will er behalten – und er glaubt nicht, dass einer seiner fünf Kollegen das Haus verlassen möchte. „Wir arbeiten zwar oft 50 Stunden pro Woche“, sagt er, und gerät ins Schwärmen: „Aber einen Job, der dem beim StadtBlatt nahekommt, gibt es nicht.“ ALEXANDER KÜHN