Rot und Schwarz mit gleichem Ziel

PDS und CDU wollen den Neubau einer Schießsportanlage in Treptow durchsetzen. Kostenpunkt: 8 Millionen Mark. Die einstige Übungsanlage der DDR-Grenztruppen soll Platz machen für Chemiker der Humboldt-Uni. Den Grünen ist das zu teuer

von TILMAN STEFFEN

Ausgerechnet dann, wenn es ums Schießen geht, schließen sonst eher verfeindete Lager Berlins einen Friedensvertrag. Aus Angst, in Treptow zukünftig die Waffen im Schrank lassen zu müssen, bilden Postkommunisten und Spätkapitalisten eine seltene Abstimmungskoalition: Mit den Stimmen von PDS und CDU soll der Bau einer rund acht Millionen Mark teuren Schießsporthalle in Treptow im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses durchgedrückt werden. So wolle man „die Kuh endlich vom Eis holen“, erklärte der Sporthistoriker und PDS-Abgeordnete Walter Kaczmarczyk im Vorfeld der heutigen Ausschusssitzung.

Die Abstimmung könnte den langen Streit um einen Alternativstandort für den alten Schießplatz an der Rudower Chaussee in Adlershof beenden. Dieses Grundstück ist für einen Neubau der Humboldt-Universität vorgesehen. Die CDU habe bereits 1999 einen Alternativstandort vorgeschlagen, sei aber vom „damaligen Koalitionspartner blockiert worden“, so der ehemalige Polizist Kaczmarczyk.

In Adlershof trainieren die verschiedenen Schießsportvereine auf historischem Boden: Die einstige Vorzeigegarde der DDR-Grenztruppen, das Wachregiment „Felix Dzierzynski“, hat dort ihre Gewehrkugeln auf die Zielscheiben gelenkt. Nach der Wende investierte der Bezirk rund 200.000 Mark in neue Sicherheitsanlagen, der Polizeisportverein Olympia Berlin ist heute Hauptmieter des Schießplatzes.

Doch in Adlershof sollen Wissenschaft und Forschung gedeihen. Die Schießanlage steht einem Neubau des Fachbereiches Chemie der Humboldt-Universität im Weg. Das Landessportförderungsgesetz wiederum verlangt in solchen Fällen Ersatzflächen für Sportvereine.

Bisher favorisierter Standort: die Kirschallee in Altglienicke. Aus Gründen des Lärmschutzes müsste der Neubau dort überdacht sein, die erste „Luxusplanung“ mit Sauna und Parkplatz rechnete mit zehn Millionen Mark Baukosten, sagt die Grüne Haushaltsexpertin Camilla Werner. Kaum wurde dies bekannt, flatterten der Abgeordneten Protestschreiben anderer Sportvereine auf den Tisch. Der Landesrechnungshof korrigierte den Plan später auf 7,5 Millionen Mark. Zwei Millionen sollen aus dem Sportförderprogramm „Goldener Plan Ost“ kommen, etwa 600.000 Mark könnte der Verein an Eigenleistungen erbringen. Die fällige Bodensanierung könnte mit etwa 1,5 Millionen Mark aus EU-Geldern finanziert werden, so Werner. Den Rest muss das Land beisteuern.

Den Grünen wäre am liebsten, wenn die Senatssportverwaltung die Beschlussvorlage heute zurückzöge. Es gäbe durchaus kostengünstigere Alternativen, sagt Werner. Schießsportvereine hätten Interesse an alten Bunkeranlagen in Tempelhof geäußert. Oder die Humboldt-Chemiker könnten auf einem anderen Adlershofer Grundstück forschen. Dann könnten die acht Millionen insgesamt gespart werden.