Neonazis im Eierhagel

In Mittelfranken stoßen Aktivitäten von NPD und Anti-Antifa auf Widerstand

HERZOGENAURACH taz ■ 60 junge Neonazis marschieren auf, kahlgeschoren und die schwarz-weiß-roten Fahnen hoch gereckt. Nur das Strammstehen fällt schwer, müssen sie doch den Eiern und Flaschen ausweichen, die aus der Menge von rund 450 Gegendemonstranten geworfen werden. Wir sind nicht im Osten der Republik, Ort des Geschehens ist Herzogenaurach in Mittelfranken.

Wirtschaftliche Sorgen hat man in der 23.000 Einwohnerstadt keine. 11.000 Arbeitsplätze gibt es hier, viele davon sichern Adidas und Puma. Eine heile Welt? Nicht ganz, denn schon lange ist Herzogenaurach ein Tummelplatz für Rechtsextremisten. Die NPD hält hier Kundgebungen und Bundesparteitage ab. Und seit Mitte der 90er-Jahre überfallen Nazi-Skinheads Punk-Partys, pöbeln Ausländer an oder prügeln auf Kirchweihfesten.

Trotz dieser Ereignisse sah der CSU-Bürgermeister Hans Lang jahrelang keinen Anlass zur Beunruhigung und meinte, Herzogenaurach sei „kein braunes Nest“. Als im September 1997 ein 40-jähriger Brite von Skinheads krankenhausreif getreten wurde, war es mit der Gelassenheit vorbei, denn das Opfer war Repräsentant der Weltfirma Adidas. Die Stadt entschuldigte sich bei dem gewichtigen Gewerbesteuerzahler, und Bürgermeister Lang begrüßte die Einrichtung eines „Runden Tisches gegen Gewalt von rechts“. Nachdem die Polizei bei stadtbekannten Skins Hausbesuche durchführte, wichen diese in eine nahe gelegene Kleinstadt aus.

Doch seit diesem Frühjahr treffen sich die Skins wieder in Herzogenaurach. Eine „Anti-Antifa“ hetzt in dem von den „Nationalisten Nürnberg“ herausgegebenen Skinzine „Landser“ gegen die linke Szene. Ins Visier der Neonazis geriet vor allem der Sohn der Grünen-Stadträtin Gerda Simon. In einem Flugblatt stellen sie den 20-Jährigen samt Konterfei an den Pranger und rufen zu Aktivitäten gegen ihn auf. Für letzten Samstag mobilisierte die NPD zusammen mit einer „Fränkischen Aktionsfront“ zu einer „Mahnwache gegen linken Terror“. Die Gerichte erlaubten die Kundgebung der Neonazis und eine von Stadträtin Karin Peucker-Göbel (Grüne) angemeldete Gegendemonstration.

Während 200 Herzogenauracher Bürger weit abseits auf dem Kirchweihgelände auf Einladung von Stadt und Kirche für „Toleranz“ demonstrierten, freute sich Peucker-Göbel über den großen Zulauf bei der Gegendemonstration. „Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass wir die Nazis hier nicht haben wollen.“BERND SIEGLER