Del Ponte knickt ein

Nach Protesten von Nationalisten soll der kroatische General Norac nicht in Den Haag angeklagt werden

DEN HAAG/ZAGREB dpa ■ Der kroatische Armeegeneral Mirko Norac soll in seinem eigenen Land und nicht in Den Haag wegen Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Das UN- Kriegsverbrechertribunal wolle kein Verfahren gegen Norac einleiten, teilte Chefanklägerin Carla Del Ponte am Mittwoch in Den Haag mit. Sie reagierte auf Berichte, wonach die Regierung in Zagreb Norac wegen angeblicher Kriegsverbrechen anklagen will. Der General soll 1991 bei einem Massaker in der Stadt Gospić serbische Zivilisten ermordet haben.

Unterdessen meldete sich der flüchtige Norac aus einem Versteck telefonisch beim kroatischen Ministerpräsidenten Ivica Račan. Der Offizier werde sich wohl bald stellen, sagte der Regierungschef am Mittwoch in Zagreb. Račan erklärte, es habe in den vergangenen beiden Wochen intensive Gespräche mit dem UN-Tribunal gegeben, um Norac vor einem kroatischen Gericht den Prozess zu machen. Mehr als 100.000 Menschen – vor allem Kriegsveteranen – hatten wegen des Verfahrens gegen Norac wütend protestiert.

„Wir haben keine Anklage gegen Norac erhoben“, betonte die Sprecherin von Del Ponte. Deshalb entschied die Anklägerin, in diesem Fall auf Verfolgung zu verzichten und das Verfahren den nationalen Behörden zu überlassen.

Der Verzicht auf Verfolgung eines mutmaßlichen Kriegsverbrechers sei keinesfalls als Präzedenzfall etwa im Hinblick auf den früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević anzusehen, ergänzte die Sprecherin. Gegen Milošević habe das Tribunal schon lange Anklage erhoben. In seinem Fall poche das von der UNO eingesetzte Gericht in Den Haag auf sein Vorrecht zur Anklage und Verhandlung. In Belgrad haben führende Politiker bisher die geforderte Auslieferung des Expräsidenten nach Den Haag abgelehnt.