Weißblauer Ministerverschleiß

Bayerns neuer Minister für Verbraucherschutz hat sein Amt aufgegeben, bevor er es überhaupt angetreten hat

NÜRNBERG taz ■ Bayern ist Spitze, betonte die bayerische Staatsregierung in der Vergangenheit gerne. Tatsächlich ist Bayern nicht nur unangefochten Spitzenreiter bei den BSE-Fällen in Deutschland. Der Freistaat hält jetzt auch noch einen ganz anderen Rekord: die schnellste Verfallszeit für einen neu ernannten Minister. Noch vor seiner Bestätigung durch den Landtag stolperte der von Ministerpräsident Edmund Stoiber mit großem Trara ernannte und mit einem nagelneuen Ressort ausgestattete Minister für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz, Wolfgang Herrmann, über eine Steueraffäre.

Ein Befreiungsschlag sollte es werden, als Stoiber vor zwei Wochen vorpreschte und ein Verbraucherschutzministerium aus dem Hut zauberte. Eigens dafür stutzte er die Kompetenzen der damaligen, heftig umstrittenen Gesundheits- und Landwirtschaftsminister Stamm und Miller zusammen.

Mit Wolfgang Herrmann präsentierte er einen Seiteneinsteiger – sehr zur Verärgerung der eigenen Landtagsfraktion, die sich übergangen fühlte. Herrmann selbst tönte, er sei der geeignete Mann für das „so ziemlich schwierigste Amt, das man sich vorstellen“ könne. Mit dem langjährigen Präsident der TU München als Minister marschiere Bayern nun wieder „weit vor der Kolonne“, jubilierte Stoiber.

Doch der Befreiungsschlag entpuppte sich als Rohrkrepierer. Barbara Stamm, immerhin stellvertretende Ministerpräsidentin, stürzte über Schweinemast- und Korruptionsaffären. Statt die Chance für eine große Kabinettsumbildung mit Abschuss des Landwirtschaftsministers Miller zu nutzen, entschloss sich Stoiber für die kleine Lösung. Zu schwierig erschien es ihm, den Regionalproporz zu wahren, zu dünn war die Personaldecke innerhalb der Fraktion. Josef Miller blieb, was er war, und Umweltstaatssekretärin Christa Stewens wurde neue Arbeits- und Sozialministerin.

Mit Herrmanns Rückzug steht Stoiber nun endgültig vor einem Scherbenhaufen. Herrmanns Kapitulation vor dem „schwierigsten Amt“ bringt sein CSU-Regiment nicht ins Wanken. Aber sein Ruf als Mann der Tat und Entscheidungsfreude hat sich in nichts aufgelöst und nun scheint ihn auch noch das Glück verlassen zu haben. Das aber hatte Stoiber bislang die vielen Affären seiner Regentschaft überstehen lassen. BERND SIEGLER