Deutsche Frauen statt IT-Inder

Immer noch zu wenige Computerspezialisten trotz Green Card. Jetzt sollen Schulabgängerinnen in die Tasten hauen. Werbekampagne von Frauenministerin und Initiative D21. Deutsches Problem bleibt Kinderbetreuung für Berufstätige

von MAIKE RADEMAKER

Bei jungen Frauen soll mehr Interesse für den Beruf der Computerspezialistin geweckt werden, damit der akute Mangel an diesen in der Informations- und Telekommunikationsbranche langfristig behoben werden kann. Eine entsprechende Image- und Aufklärungskampagne mit dem Titel „Idee-IT“ stellte gestern Bundesfrauenministerin Christine Bergmann mit der „Initiative D21“ in Berlin vor. Ziel der Kampagne ist die Steigerung des Frauenanteils bei den Auszubildenden auf 40 Prozent bis 2005. Derzeit liegt er bei 14 Prozent. Bis 2003 sollen außerdem 60.000 Ausbildungsplätze in der Branche geschaffen werden.

Das hohe Interesse der Branche an Frauen ist wenig verwunderlich: Sie braucht nach Angaben des Bundesverbandes Informationswirtschaft,Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) kurzfristig 20.000 Fachkräfte, um den IT-Standort Deutschland weiterhin attraktiv zu halten. Wahrgenommen haben aber bisher erst 3.500 Ausländer das Angebot der Green Card. Davon waren keine 10 Prozent Frauen. „Bisher haben wir uns nicht kümmern müssen“ sagte eine Sprecherin der Bitkom. Jetzt würden immer neue Zielgruppen entdeckt. Und obwohl im vergangenen Jahr insgesamt 170.000 Mädchen die Schule mit Abitur verließen – 20.000 mehr Mädchen als Jungen, dazu im Schnitt mit einem besseren Notendurchschnitt –, trauen sich viele diesen als hochmathematisch verschrienen Beruf offenbar nicht zu.

Gerade einmal 17 Prozent der beschäftigten Computerspezialisten sind derzeit Frauen. Dabei sind die Berufsaussichten hervorragend: Die Branche boomt, laut Bergmann schafften IT- und Telekommunikationsbranche im vergangenen Jahr allein 100.000 neue Arbeitsplätze. Gegen das abschreckende Image des IT-Berufs will die Initiative D21, ein Zusammenschluss von 70 Unternehmen der Branche, nun angehen. So soll an Schulen, in Berufsberatungszentren und auf Veranstaltungen Werbung gemacht werden, unter anderem unter Einsatz von „Vorbildfrauen“.

Eine der „Vorbildfrauen“ stellte sich in Berlin gleich vor. Ein Job in der IT-Branche sei „nicht gefährlich, nicht schmutzig, und es kriegt ihn auch jeder durchschnittliche Mann hin“, warb die Entwicklungsingenieurin Anja Warich (33) für ihren Beruf. Sie, die derzeit im Forschungsbereich des Telekom-Ausrüsters Alcatel arbeitet, habe sich für den Beruf entschieden, weil sie „einen Arbeitsplatz mit Zukunft“ haben wollte und genug Geld, um eine Familie zu ernähren. Das Gehalt, das sie jetzt beziehe, sei „so interessant, dass es selbst bei Teilzeitarbeit immer noch interessant ist“. Sowohl Warich als auch die Fachinformatikerin Judit Nagy (25) betonten dabei, dass für Berufe wie Systementwicklerin oder Informatikauffrau weder besondere Mathematikkenntnisse notwendig seien, noch dass frau dann dauernd vor dem Computer sitzen müsse. Denn dazu scheinen die Schulabgängerinnen am wenigsten Lust zu haben. Immer noch balgen sich 55 Prozent der Frauen um die zehn klassischen Frauenberufe wie zum Beispiel Lehrerin, Frisöse und Arzthelferin.

Ein großes Hindernis sieht Warich, Mutter von zwei Kindern, aber noch – das ebenso klassische Problem der Kinderbetreuung. Schülerinnen beschäftige das nach ihren Erfahrungen sehr. In dieser Hinsicht sei die Bundesrepublik im Vergleich mit Frankreich etwa ein „Entwicklungsland“, auch wenn die Qualität der Betreuung dort manchmal zu wünschen übrig lasse. www.idee-it.de