Mangel an Indizien

Düsseldorfer Anschlag bleibt ungeklärt. Der verdächtigte Militaria-Händler Ralf S. wurde wieder freigelassen, obwohl er weiter als „Beschuldigter“ gilt

DÜSSELDORF taz ■ Auch eine Woche nach dem Düsseldorfer Handgranatenanschlag haben die Ermittlungsbehörden offenbar noch keine heiße Spur gefunden. Der Geschäftsmann Ralf S., der am Mittwoch in Gewahrsam genommen worden war, wurde gestern wieder freigelassen.

Bei der Durchsuchung seines Militaria-Geschäftes, zweier Wohnungen und einer Gartenlaube fanden die Beamten der Sonderkommission nach eigenen Angaben keine brauchbaren Spuren, die den Verdacht gegen Ralf S. verdichtet hätten. Ein Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft erklärte, es bestünde zurzeit kein dringender Tatverdacht gegen Ralf S. Er werde allerdings weiter als Beschuldigter geführt.

Bereits einen Tag nach dem Anschlag hatte der Koordinierungskreis antifaschistischer Gruppen in Düsseldorf und Umland (Antifa-KOK) auf eine mögliche Verbindung von Ralf S. mit dem Düsseldorfer Bombenanschlag hingewiesen. Der Verdacht lag wortwörtlich nahe: Sein „Survival Security & Outdoor“-Laden liegt auf der Gerresheimer Straße, an die die S-Bahnstation Düsseldorf-Wehrhahn unmittelbar angrenzt. In diesem Geschäft trifft sich laut Antifa-KOK regelmäßig die rechtsextreme „Kameradschaft Düsseldorf“.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass es seit einigen Tagen Hinweise auf eine mögliche Tatbeteiligung von Ralf S. gegeben habe. „Doch wir sind hier nicht in Casablanca, wo erst mal die üblichen Verdächtigen festgenommen werden“, sagte Sprecher Johannes Mocken gegenüber der taz. Ralf S. sei bisher nicht als Rechtsextremist aufgefallen. Die Sichtung der Unterlagen habe zwar ergeben, dass der 34-Jährige bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, jedoch nicht im Zusammenhang mit Delikten aus der rechtsextremistischen Szene.

Ralf S. habe mehrfach Ausländer in einem „eindeutig rassistischen Kontext“ verprügelt, sagte indes ein Sprecher der Antifa-KOK, der sich auf Informationen beruft, die die antifaschistische Gruppe in Gesprächen mit Zeugen und Opfern der Delikte des Ralf S. gewonnen habe. Jedoch seien diese Straftaten „wie so oft“ nicht als ausländerfeindliche Delikte aktenkundig geworden.

Der Düsseldorfer Anschlag wurde nach bisherigem Ermittlungsstand mit einer Handgranate verübt, wie sie in Militaria-Läden und auf Waffenbörsen in entschärfter Form frei verkäuflich ist. Eine einfache Sache sei die vorgenommene Füllung der Granate mit TNT nicht, erklärte der Sprecher des Landeskriminalamtes, Fredrick Holtkamp. Aber: „Militärfreaks können so etwas.“ In seinem Laden verkauft Ralf S. laut Antifa-KOK „Polizei-, Armee-, Sicherheits-Zusatzausrüstungen“ und bietet „einschlägige Trainings“ an.

Unterdessen versucht die „Kameradschaft Düsseldorf“, ihrem Gesinnungsfreund den Rücken freizuhalten. Hinter dem Düsseldorfer Bombenanschlag, verkündet Ober-Kamerad Sven Skoda, steckten „Agenten des Systems“. Sie wollten den Eindruck erwecken, es gäbe eine „Braune Armee Fraktion“.

PASCAL BEUCKER/ MARCUS MEIER