MILLENNIUM DOME UND EXPO: INVESTITIONEN MIT ZUSCHAUERSCHWUND
: Jungsspielzeug von Schröder & Blair

Die Expo ist in der Krise, und Gerhard Schröder geht es auch bald schlecht. Nun, da die Weltausstellung unter Schwindsucht leidet, droht dem Bundeskanzler die Ansteckung. Denn Schröder ist Expo und Expo ist Schröder. Die Ausstellung der Superlative und der Kraftbolzen im Kanzleramt – beide versuchen, durch demonstrative Virilität das Land zu beeindrucken: Gut ist, was mehr, besser und größer ist. Kein Wunder, dass der Landesvater aus Hannover das Unterfangen in seiner Heimatstadt immer kräftig gepuscht hat. Der Holzmann- und Currywurst-Kanzler mit dem Herzen für Computer-Inder ist wie für die Expo gemacht: Gerhard Schröder gäbe einen prima Themenpavillon ab. „Modernes Regieren im 21. Jahrhundert“, könnte über dem Eingang stehen – wenn es dazu nicht gerade in Berlin eine Konferenz im Expo-Format gegeben hätte. Dort wollten Gastgeber Schröder und seine Mitte-links-Freunde die schwammige Idee vom dritten Weg zur neuen Mitte etwas griffiger gestalten – ohne großen Erfolg. Die Denkmäler für das neue Zeitalter stehen trotzdem schon.

Was Schröder die Expo, ist Tony Blair sein Millennium Dome. Wenn sozialdemokatische Regierungschefs an Zukunft denken, kommt offenbar immer ein Laden voller Jungsspielzeug raus. Auch im Londoner Dom blinkt es und kreischt es, wenn man aufs Knöpfchen drückt, und die Wunderwelt von Natur und Technik entfaltet sich, dass es eine Freude wäre. Wenn denn die Besucher kämen. In London tun sie das seit der Dom-Eröffnung im Januar so wenig wie bislang in Hannover.

Auch wenn Schröder es anders gemeint hat: Ein Blick in Blairs „New Britain“ lohnt. Dort mussten die Betreiber des Doms die erwarteten Besucherzahlen erneut nach unten korrigieren. Nicht mal die zuletzt erhofften sieben Millionen Gäste sind wohl zu schaffen – bei der Eröffnung war noch von 12 Millionen die Rede. Die Expo glaubt unerbittlich an 40 Millionen. Ansonsten ähnelt sich das Krisenmanagement: Hier wie dort jazzen die Veranstalter die Besucherbilanzen mit Freikarten in die Höhe – und hoffen auf die Sommerferien.

Der High-Tech-Glanz von Dome und Expo sollte die Modernisierer Blair und Schröder erstrahlen lassen – auch wenn beide noch nicht im Amt waren, als die Vorhaben entwickelt wurden. Wenn nun unter ihrer Regierung aus Renommierprojekten Investitionsruinen werden, ist Größeres in Gefahr: ihr Ruf als Bauherren eines sozialdemokratischen Europas. Für Schröder wird es ernst, sobald bei der Expo wie beim Dome hunderte Millionen Mark nachgeschossen werden müssen. Denn nach so viel Kraftprotzerei können sich die Expo und ihr Kanzler eines nicht mehr leisten: rumzuschwächeln. PATRIK SCHWARZ