Explosiver Pulverberg

■ Bremerhavener Firma Comet lagert bis zu 2000 Tonnen Silvesterknaller in Oslebshausen / Beirat hatte im vergangenen Jahr eine Genehmigung abgelehnt

Am Pulverberg heißt das kleine Sträßchen im Bremer Westen, und das völlig zu Recht. 1879 hatte die Hansestadt ihr Schießpulver von Walle ins Dorf Oslebshausen verlagert. So wollte man die eigene Bevölkerung vor einem Unglück schützen, wie es jetzt die niederländische Stadt Enschede getroffen hat. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es erst mal vorbei mit dem feuergefährlichen Lagergut in Oslebs, doch seit Ende letzten Jahres wird die Straße Am Pulverberg ihrem Namen wieder gerecht. Die Bremerhavener Sprengkörperfabrik „Comet“ betreibt hier mehrere Lagerhallen für Feuerwerkskörper.

„Im Moment ist ja nichts los“, sagte eine der vier Packerinnen, die gestern in Oslebshausen Raketen für das nächste Silvester in buntes Papier wickelten, „aber ab Herbst ist hier Hochbetrieb.“ Mit nur 400 Tonnen Feuerwerkskörpern sehen die Hochregallager von Comet zur zeit tatsächlich ziemlich leer aus. Ab Dezember wird die genehmigte Kapazität von 2.000 Tonnen jedoch weitgehend ausgeschöpft.

Für die Oslebshauser Bevölkerung bestehe trotzdem keine ernsthafte Gefahr – da sind sich das Gewerbeaufsichtsamt, die Feuerwehr und die Firma „Comet“ sicher. „Früher wurde in diesen Hallen Baumwolle gelagert“, sagt Georg Spitzgebel, Sicherheitsbeauftragter bei „Comet“. Das klingt zwar ungefährlicher als Feuerwerk, ist im Brandfall aber sogar heimtückischer. Bei den in Oslebshausen eingelagerten Knallern handele es sich nämlich nicht wie in Enschede um Profimaterial, sondern ausschließlich um Tischfeuerwerke, China-Böller und kleine Raketen der Klassen eins und zwei. Die könnten im Ernstfall gar nicht gleichzeitig explodieren. Spitzgebel: „Die würden nacheinander losgehen. Das Geknalle würde lange dauern, am gefährlichsten wäre dabei noch die starke Rauchentwicklung.“

Das Comet-Lager ist in einzelne Brandabschnitte aufgeteilt und wird in den Wochen vor Silvester sogar von einem Sicherheitsdienst bewacht. Das Gewerbeaufsichts- amt hat es geprüft und ordentlich genehmigt, die Feuerwehr hat sicherheitshalber sogar einen vierseitigen Einsatzplan in der Schublade. Doch der zuständige Beirat Gröpelingen war mit dem Wiederaufleben des Pulverbergs trotzdem nicht einverstanden. In einem Beschluss vom 6. Mai vergangenen Jahres widerrief er seine ursprünglich abgegebene Zustimmung. Beiräte haben jedoch nur beratende Funktion, und so wurde die Genehmigung trotzdem erteilt. Detlef Klingemann, Leiter des Gewerbeaufsichtsamtes, meint sich sogar daran zu erinnern, dass am Ende des Erörterungstermins am 14. Juli auch der Beiratsvertreter zustimmend genickt habe.

Hans-Peter Mester, kommissarischer Leiter des Ortsamts West, weiß davon allerdings nichts. Mehrere besorgte Anrufe von Anliegern des Pulverbergs habe er seit dem Unglück von Enschede erhalten. Tatsächlich leben gerade mal 150 Meter vom Comet-Lager entfernt einige hundert Menschen in der Gewoba-Wohnanlage „Wohlers Eichen“. Und auch die Grundschule Auf den Heuen ist kaum weiter entfernt. Mester: „Hier sind wieder mal die Bedenken des Beirats einfach übergangen worden.“

Frank Möller, Abteilungsleiter für vorbeugenden Brandschutz bei der Feuerwehr, versichert jedoch, dass der Pulverberg nicht in die Luft fliegen wird. Bei der Firma Comet gebe es „keinen Wildwuchs“, der Betrieb unterliege der dauernden Aufsicht durch die Feuerwehr. „Hundertprozentige Sicherheit“, räumt Möller dann doch ein, „die gibt es allerdings nirgendwo.“ Ase