70 Milliarden für die Energieverschwendung

■ Ifo-Institut legt neue Zahlen über Subventionierung des Energieverbrauchs vor / Hearing der Bündnisgrünen über die Ökosteuer

Bonn (taz) – Bundesfinanzminister Theo Waigel und seine Länderkollegen subventionieren die Energieverschwendung in Deutschland mit mindestens 70 Milliarden Mark jährlich. Sie wissen es meistens selber nicht so genau. Doch die Zahlen ergeben sich aus Berechnungen des Münchener Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. Sie sind gestern auf einem Hearing der Bündnisgrünen zur ökologischen Steuerreform mitgeteilt worden.

Das Ökosteuerkonzept der Bündnisgrünen sieht vor, Subventionen für verschwenderischen Energieeinsatz abzubauen. Weit mehr als die von den grünen Finanzleuten angenommenen zehn Milliarden Mark könnten damit eingespart werden. „Die Bündnisgrünen brauchen beim Subventionsabbau in diesem Bereich gar nicht so zaghaft sein, wie sie es bislang sind“, sagte Ifo-Wissenschaftlerin Ursula Triebswetter der taz.

Den Ärger, der nun für Theo Waigel ins Haus steht, hat Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt zu verantworten. Die neuen Zahlen über den löchrigen Steuersack des Finanzministers ergaben sich nämlich bei einer Ifo-Studie für das Bundeswirtschaftsministerium. „Wir haben den Subventionsbericht der Bundesregierung für die Studie durchforstet und haben dabei festgestellt, daß viele Energiesubventionen gar nicht erfaßt werden“, sagt Triebswetter. Diese Zahlen sind bisher noch nicht veröffentlicht worden.

Beim Vergleich des Subventionsberichts mit der Mineralölsteuerstatistik hatten sich erhebliche Steuerlöcher ergeben. Der Verzicht auf eine Mineralölsteuer bei der sogenannten nicht energetischen Verwendung von Öl beispielsweise koste den Staat jährlich 20 Milliarden Mark. Chemie- und Kunststoffindustrie reiben sich die Hände. 23,6 Milliarden Mark jährlich haben die Finanzminister weniger auf den Konten, weil der Einsatz von Mineralöl für die Licht-, Strom- und Wärmeerzeugung in Kraftwerken nicht besteuert wird. Und noch einmal sechs Milliarden Mark verliert der Fiskus, weil der Eigenverbrauch der Ölkonzerne in ihren Raffinerien beispielsweise nicht besteuert wird.

Diese fast 50 Milliarden Mark Einnahmeverluste addieren sich zu den 20 Milliarden Subventionen unter anderem für steuerfreies Flugbenzin und die Landwirtschaft, von denen die Bündnisgrünen bisher ausgingen. Die Bündnisgrünen wollten bislang lediglich diese Subventionen halbieren.

Die geladenen Wissenschaftler begrüßten das Grundkonzept der bündnisgrünen ökologischen Steuerreform. Wenigstens im Prinzip können sie darin keinen Schaden an der Volkswirtschaft erkennen. Im einzelnen aber gehen ihnen manche Vorschläge denn doch zu weit. Mehrere Referenten bezeichneten die geplanten Mineralölsteuererhöhungen als zu drastisch. Sie hatten schon auf dem Hearing Erfolg: Der finanzpolitische Sprecher der bündnisgrünen Bundestagsfraktion, Rainer Steenblock, signalisierte sogleich, daß in seiner Partei „der Erhöhungspfad für die Mineralölsteuer“ noch einmal diskutiert werden soll.

Bis nach Redaktionsschluß hielt eine heftige Debatte über die Verwendung der Ökosteuereinnahmen an – im Jahr 2005 könnten nach den Vorstellungen der Bündnisgrünen immerhin 250 Milliarden Mark zusammenkommen. Hermann-Josef Tenhagen