Die Ente des BND ist aufgeflogen

Drei Jahre hielt sich der deutsche Bundesnachrichtendienst in Uruguays Regierungssitz einen Agenten. Doch ein kaputtes Faxgerät beendete seine Geheimdienstkarriere. Jetzt steht der Mann vor Gericht  ■ Aus Montevideo Gaby Weber

Im Hause Libertad (Freiheit), Uruguays Regierungssitz in Montevideo, herrscht Aufregung. Anfang des Monats wurde ein Beamter unter dem Vorwurf der Spionage festgenommen, seine Wohnung und sein Arbeitsplatz durchsucht. Der Mann ist geständig und räumt dem Ermittlungsrichter gegenüber seine Agententätigkeit für den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) ein. Nach außen wird die Angelegenheit heruntergespielt. Der Mann, so heißt es, sei kein Geheimnisträger gewesen und habe nur Belangloses an seine Auftraggeber schicken können. Sicher ist, daß die Spionageaffäre die deutsch-südamerikanischen Beziehungen belasten.

Juan Dominguez arbeitet seit über elf Jahren im uruguayischen Kanzleramt, zunächst im Pressestab und ab 1992 war er zuständig für alles, was mit Drogen zu tun hat. Der heute 50jährige – genannt „El Pato“ (die Ente) – verdankt seinen Job seiner Mitgliedschaft in der Colorado-Partei; er gehört demselben Flügel wie Präsident Julio Maria Sanguinetti an und genoß dessen besonderes Vertrauen. Doch sein Bruttogehalt von 7.797 Pesos – das entspricht netto etwa tausend Mark – reichte ihm hinten und vorn nicht, denn er liebte teuren Whiskey und gute Restaurants.

Der Kontakt zum BND besteht seit 1994. Damals kamen zwei Mitarbeiter des deutschen Geheimdienstes, als Beamte des Auswärtigen Amtes getarnt, nach Montevideo und zeigten besonderes Interesse für die Probleme der Geldwäsche von Narco-Dollars. Dominguez, so steht in den Akten der Ermittler, zeigte sich schon bei den ersten Kontakten aufgeschlossen. Die BNDler waren begeistert und hinterließen ihm ein präpariertes Faxgerät, mit dem er Mitteilungen chiffrieren konnte. Das zweite Treffen fand in Buenos Aires statt, im Rahmen einer internationalen Konferenz über Drogenhandel. In der argentinischen Hauptstadt fühlen sich die deutschen Agenten besonders wohl, in der diplomatischen Vertretung arbeitet ein ständiger Verbindungsbeamter des BND. In der Botschaft in Montevideo hingegen ist kein Beamter des Geheimdienstes tätig, das kleine Land galt lange Zeit als wenig interessant. Erst seitdem Uruguay zum Verwaltungssitz des lateinamerikanischen Handelsblocks Mercosur auserkoren wurde, laufen dort wichtige Informationen zusammen.

Und Dominguez lieferte nicht nur, was über seinen Schreibtisch lief, er unternahm plötzlich zahlreiche Reisen in die Nachbarländer und faxte Vertrauliches in die BND-Zentrale im bayerischen Pullach. Für jede Meldung erhielt er zwischen 50 und 100 US-Dollar, und da er eifrig Rapport erstattete, brachte ihm sein Nebenverdienst in manchen Monaten bis zu 5.000 Mark ein. Seine Frau, die im Senat arbeitet, will von diesem Geldregen nichts erfahren haben. Und auch seine Kollegen schöpften keinerlei Verdacht. Der BND schätzte in wohl als „Langzeitagenten“ ein und kaufte ihm einen Computer, damit er über E-Mail verschlüsselte Nachrichten übermitteln konnte.

Im vergangenen Dezember flog die Sache auf, als das präparierte Faxgerät plötzlich seinen Geist aufgab – ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als Dominguez im Urlaub weilte. Sein paraguayischer Zulieferer konnte ihn nicht mehr erreichen und schickte seine Meldungen einfach an ein anderes Faxgerät im Hause. Und dort wunderte man sich über die zum Teil unverständlichen und verklausulierten Mitteilungen. Seine Vorgesetzten wurden informiert und erstatteten Anzeige. Dominguez wurde unter Hausarrest gestellt, ein Strafverfahren gegen ihn eröffnet.

In der deutschen Botschaft in Montevideo geht man auf Tauchstation. „Wir kennen den Fall auch nur aus der Zeitung“, verlautet aus der diplomatischen Vertretung. Ob solche anrüchigen Aktionen mit einem zweifelhaften Nutzwert den Beziehungen zweier befreundeter Staaten nicht schaden würden? Auch auf diese Frage lautet die Antwort: Kein Kommentar.