Fataler Irrtum Vaterlandsverrat

■ Das Alabama-Kino zeigt eine Filmreihe über Knut Hamsun

Es gebe in seinem Werk „nicht eine Person mit einer einzigen gradlinigen dominanten Eigenschaft“, schrieb der norwegische Schriftsteller Knut Hamsun einmal. „Sie sind alle ohne sogenannten ,Charakter', sie sind gespalten und zusammengesetzt, nicht gut und nicht böse, sondern beides, nuanciert, wechselhaft in ihrem Wesen und in ihren Handlungen. Und so bin zweifellos ich selbst.“

Genau so spielt ihn auch Max von Sydow in dem dänisch-schwedisch-norwegischen Film Hamsun (1996), der von den letzten Lebensjahren des eigensinnigen Literaten erzählt. Ständig ist man hin- und hergeworfen zwischen dem Zorn über den autoritären Egozentriker und der Bewunderung für einen Mann, der für all seine Taten voll und ganz einsteht.

Geboren im Jahr 1859, gelingt Hamsun gleich mit seinem ersten Roman Hunger (1890) der literarische Durchbruch. 1920 wird er für den Roman Segen der Erde mit dem Literaturnobelpreis geehrt. 25 Jahre später haben viele seiner einstigen Bewunderer nur noch ein Wort für ihn: „Vaterlandsverräter!“Regisseur und Kameramann Jan Troell beschönigt nichts in seinem Film. Aber er verurteilt auch nichts, sondern versucht zu verstehen, warum der Literat sich im Zweiten Weltkrieg auf die Seite der Deutschen stellte. Ein Höhepunkt ist Hamsuns Begegnung mit Adolf Hitler: Groß und in Zeitlupe zeigt die Kamera den Händedruck zwischen Künstler und Diktator – nicht als Moment eines „Vaterlandsverräters“, sondern eines fatalen Irrtums. Hamsun wird später hartnäckig darum kämpfen, diesen Irrtum öffentlich erklären zu dürfen.

Hamsun ist nicht nur als atmosphärisch dichter Film bemerkenswert. Er verkörpert auch einen einfühlsamen Umgang mit der Vergangenheit, zu dem die Fähigkeit des Verzeihens als wesentlicher Bestandteil gehört – etwas, womit wir in Deutschland immer noch große Schwierigkeiten haben.

Der Film eröffnet heute um 19 Uhr im Alabama-Kino eine kleine Reihe mit sechs Verfilmungen von Hamsuns Werken, darunter den Stummfilm Segen der Erde (29.11.) mit Live-Klavierbegleitung sowie Peter Zadeks Die Eiszeit (3.12.). Heute spricht zur Einführung Walter Baumgartner, Verfasser einer neuen Hamsun-Biographie, über Leben und Werk des Künstlers. Petra Möbel