Nationalisten-Krawall bei Friedenskonzert

Das erste gemeinsame Konzert von Griechen und Türken auf der geteilten Mittelmeerinsel Zypern endet mit Straßenschlachten und mehreren Verletzten. Polizei nimmt 55 Personen fest  ■ Von Klaus Hillenbrand

Berlin (taz) – Es sollte ein Symbol für die Verständigungsbereitschaft zwischen Griechen und Türken auf der geteilten Insel Zypern werden: Am Montag abend traten der griechische Sänger Sakis Rouvas und der Türke Burak Kut gemeinsam in einem Konzert in der zypriotischen Hauptstadt Nikosia auf. Zwei Popstars mit Lennons „Give Peace a Chance“ und Dylans „Knocking on Heaven's Dorr“ in einem Fußballstadion: Nichts Ungewöhnliches, sollte man meinen. Doch in der geteilten Hauptstadt, wo Griechen und Türken einander nicht einmal besuchen dürfen, war es ein bisher einmaliges Ereignis.

Mitten in der UNO-Pufferzone, auf einem ehemaligen Fußballplatz, der ausgerechnet den Namen „Taksim“ (Teilung) trägt, kamen rund 4.000 junge Leute aus beiden Volksgruppen zusammen. Durch Stacheldrahtsperren leiteten Blauhelmsoldaten die Konzertbesucher auf die Tribünen. „Es ist ein Stück Geschichte, und wir wollen ein Teil davon sein“, begründete der Zyperntürke Nadin Turan (28), warum er zum Konzert gekommen war. „Vielleicht finde ich einen zyperntürkischen Freund“, meinte die Griechin Lydia Melissas Gavnelides. Nicht nur das zypriotische Fernsehen, sogar der türkische Staatssender TRT1 übertrugen das Konzert live.

Der Abend wurde zum Symbol der Freundschaft zwischen den Volksgruppen, so wie es sich die Vereinten Nationen und die privaten Veranstalter erhofft hatten. Überschattet wurde das Friedenskonzert jedoch von den schwersten Unruhen seit Jahren. Zyperngriechische Versöhnungsgegner lieferten sich in Süd-Nikosia Straßenschlachten mit der Polizei. Sie errichteten brennende Straßenbarrikaden, die Polizei setzte Tränengas ein. Die Bilanz: Fünf zerstörte Einsatzfahrzeuge, eingeschlagene Scheiben, 39 Verletzte, darunter 24 Polizisten, und 55 Festnahmen. Es seien die schlimmsten Auseinandersetzungen gewesen, die er je erlebt habe, sagte ein Polizist.

Ursprünglicher Plan der nationalistischen Demonstranten war es gewesen, die Konzertbesucher am Betreten des Fußballplatzes zu hindern. Als das nicht gelang, begannen die Ausschreitungen. Auf dem Eleftheria-Platz, nur wenige hundert Meter von der Pufferzone entfernt, war ein Gegenkonzert geplant, zu dem etwa 1.000 Menschen kamen. So lange 30.000 türkische Soldaten Nord-Zypern besetzt hielten, gebe es keinen Grund für Versöhnungsgesten, begründeten die vor allem jugendlichen Nationalisten ihre Ablehnung des UN-Konzerts. Veranstalter war der Zypriotische Motoradclub. Der Verein hatte schon im vergangenen Jahr mit einer Reise von Berlin nach Kyrenia im besetzten Norden der Insel auf sich aufmerksam gemacht.

Die Demonstration endete damals mit heftigen Auseinandersetzungen in der UN-Pufferzone, als nationalistische Griechen den Übertritt in den Norden erzwingen wollten. Dabei wurde ein Zyperngrieche von türkischen Rechtsradikalen erschlagen. Clubchef Georgios Hadjicostas konnte damals wie heute seine Biker nicht zurückhalten. „Wir planen eine Demonstation gegen das Konzert“, erklärte Hadjicostas am Montag. Am Ende wurde er von seinen Leuten mit Steinen beworfen.

Das Friedenskonzert in der Pufferzone war der bisherige Höhepunkt einer ganzen Reihe von Bemühungen, Insel-Griechen und -Türken einander wieder näherzubringen. In den letzten Monaten durften sich Journalisten und Gewerkschafter treffen. Etwa 450 Zyperntürken konnten im April zur Hala-Sultan-Tekke-Moschee im südlichen Larnaka pilgern, viele von ihnen überquerten zum ersten Mal die Pufferzone. Ein zyperngriechischer Pilgerzug ins nördliche St.-Andreas-Kloster scheiterte dagegen, weil die türkische Seite die Besucherliste zensieren wollte.

Auf politischer Ebene finden derzeit UN-Gespräche statt, die ein Gipfeltreffen zwischen dem Präsidenten der Republik, Glavcos Clerides, und dem Führer der Zyperntürken, Rauf Denktasch, zum Ziel haben. Die Teilung soll durch Gründung eines bizonalen Bundesstaats überwunden werden. Wesentliche Fragen wie die türkische Truppenpräsenz, Niederlassungsfreiheit und die Rückkehrmöglichkeit von Flüchtlingen sind noch ungeklärt.