Betr.: Was darf der 'Barbier von Bebra'?

Was darf der „Barbier von Bebra?“ Diese Frage machten wir am vergangenen Donnerstag zu unserem „Tagesthema“. Zwei Tage zuvor hatte die grüne Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld zum Boykott der taz aufgerufen. Der Grund: Wiglaf Drostes und Gerhard Henschels Satireroman auf der „Wahrheit“. „Das Machwerk“, so Lengsfeld in ihrem Aufruf, „ist in einer Zeit, da in Deutschland Daniel Goldhagens These von den willigen Vollstreckern der Hitlerschen Mordbefehle empört zurückgewiesen wird, ein Beweis, daß sich Sprache und Denkungsart der Geistesstützen deutscher Dikaturen nicht geändert haben.“ Ihre Kampagne zeigte mittlerweile Wirkung – wenn auch nicht die beabsichtigte: „Man könnte die Geschichte vielleicht mit einer flapsigen Bemerkung über die Humorlosigkeit der Deutschen abtun,“, schrieb die Berliner Zeitung, „wäre da nicht der tonnenschwere Vorwurf von Vera Lengsfeld, die die Serie in den Kontext von Judenpogromen rückt.“ Und der Berliner Tagesspiegel meint: „Vielleicht liegt der Zynismus dieser Affäre gerade darin, daß Frau Lengsfeld den literarischen Mord, begangen durch zwei Satiriker, mit realen Morden auf eine Stufe stellt.“

„Wer zum Boykott aufruft,“ so die Frankfurter Allgemeine, will eine Auseinandersetzung nicht führen, sondern beenden und spekuliert auf wirtschaftlichen Leidensdruck.“ Eine Kalkül, das nicht aufging. Stapelweise gingen in der taz LeserInnenbriefe ein. Allein: Abokündigungen waren bisher nicht darunter. Im Gegenteil. Die Berliner Bündnisgrünen schalteten sogar ein Geschenkabo – für Frau Lengsfeld. klab